Es gibt gefühlt andauernd irgendwelche Dinge, um die ein großer Hype gemacht wird. Meistens Bücher, Musik, Sendungen im Fernsehen oder auch Personen des öffentlichen Lebens. In den meisten Fällen finde ich das eher abschreckend, als dass es mich dazu bringt mich näher mit etwas zu beschäftigen. Aber manchmal folge ich dem Ruf der Sensation und bin nicht selten sehr enttäuscht. Ich habe mich mal gefragt warum ist das so? Also habe ich mal ein paar Hypes rausgesucht und sie und mich beleuchtet.
1. WOL
Ich habe in den letzten Jahren viele Menschen kennengelernt, die mir erzählt haben, das WOL also Working Out Loud ein echter Game Changer, wie es so schön heißt, war. Das hat ihr Berufsleben in ungeahnte Bahnen gelenkt und sie haben so tolle Erfahrungen gemacht und wunderbare Menschen kennengelernt. Okay das wollte ich auch. Vor etwas mehr als 2 Jahren habe ich mir Leute gesucht und wir haben WOL ausprobiert. Dabei handelt es sich um ein 12-wöchiges Programm mit Hilfe dessen man verschiedene eigene Kompetenzen verbessern kann und ein konkretes Ziel erreichen wird. Es gibt einiges an Begleitmaterial inklusive eines sehr ausführlichen Guides, der einen durch die Wochen leitet. Alles ist frei im Internet erhältlich und los ging es. Nach 3 Wochen kamen die ersten Stimmen auf, dass das jetzt nicht wirklich neue Erkenntnisse bringt und nach 4 Wochen haben wir kollektiv beschlossen, dass wir das Experiment beenden. Begleitet von dem Gefühl, dass irgendwas mit uns nicht stimmt. Ich war einfach super enttäuscht, denn ich bin mit einer sehr hohen Erwartungshaltung in die Treffen gegangen und dann passierte rein gar nichts. Nach einigen Gesprächen wurde aber schnell klar, warum das nicht klappen konnte, denn ich bin nicht die Zielgruppe. Vieles von dem was WOL leistet hilft Mitarbeitenden, die wenig Gelegenheit haben Abteilungsübergreifend zu arbeiten und sich auszutauschen, den eigenen Horizont zu erweitern und da die meisten WOL-Zirkel mit Teilnehmenden aus unterschiedlichen Unternehmen bestückt sind, ist der Austausch umso lebendiger und inspirierender. Da ich selbständig bin und in jeder Woche mehrere unterschiedliche Unternehmen als Ansprechpartner habe, bin ich in der glücklichen Situation, dass ich ohnehin geflutet werde mit solchen Möglichkeiten.
Was wir seitdem allerdings machen, ist ein annährend jede Woche stattfindendes Treffen mit den Mitstreiterinnen des ursprünglichen WOL Kreises zum Austauschen und gemeinsamen weiterentwickeln. FAZIT: Da bin ich nicht Zielgruppe gewesen, kann aber anerkennen, dass es Menschen hilft und habe für mich das, was funktioniert rausgezogen. So ähnlich, wie wenn ich beim Bestellen im Restaurant das für mich Beste aus mehreren Gerichten zusammenbauen lasse. Das Hauptgericht von hier und die Beilagen von da und dort.
2. Harry Potter
Die Buchreihe und spätere Filmreihe um den jungen Zauberer ist erst einige Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes in meine Leseliste gerutscht, dabei wollte ich nicht. Diese Bücher, die scheinbar alle toll finden, wie oft bin ich da schon reingefallen und es war überhaupt nichts für mich… Also habe ich Harry Potter anfangs komplett ignoriert. Vielleicht fand ich das auch ein wenig cool zu sagen, dass ich HP noch nicht gelesen habe und es auch in nächster Zeit nicht gedenke zu tun. Ich las zu der Zeit Sartre im Café und fand mich sehr erwachsen. Was sollte ich da mit so einem Kinderbuch. Eines Tages bin ich mal wieder in die Buchhandlung meines Vertrauens gegangen. Ich brauchte Lesestoff fürs Wochenende. Alle Topkrimis hatte ich schon gelesen und auch sonst gab es nichts was mich begeisterte. Meine Buchhändlerin versuchte an diesem Tag mal wieder mit Harry Potter. Wie schon viele Male zuvor. Band drei war gerade erschienen und der Hype wurde immer stärker. An diesem Tag wurde ich schwach und kaufte Band 1. Gut dass ich es gemacht habe, ich habe alle Bände verschlungen, alle Filme gesehen (sehr oft) und auch die von Rufus Beck gelesenen Hörbücher gehört. Und ich mag es nach wie vor. Fazit: Manchmal muss einfach der richtige Moment sein und ich musste offen sein mich drauf einzulassen und manchmal ist der Hype dann auch, zumindest aus meiner Sicht, berechtigt.
3. Achtsamkeit oder Mindfulness
Ich sage dieser Tage sehr gern, wenn ich noch einmal das Wort Achtsamkeit höre, dann drehe ich durch. Dabei ist es im Prinzip ja was wirklich wichtiges, aber wenn Worte inflationär benutzt werden und dann irgendwann für alles und jedes herhalten müssen, dann merke ich, wie sich das bei mir in tiefe Ablehnung umkehrt. Hinzu kommt noch, wenn es falsch verwendet wird und dadurch Dinge gelabelt werden, die mit der eigentlichen Sache gar nichts zu tun haben. Wenn die Menge an Materialien und Informationen dann sooo groß ist, wie in diesem Fall, dann kommt erschwerend hinzu, dass ich es sehr mühsam finde für mich relevante Sachen rauszufiltern und dann lass ich es gleich ganz bleiben. Fazit: wird der Hype zu groß, dann wird es ein undurchdringlicher Dschungel aus falschen und irrelevanten Infos und ich komm da mit meiner „Ich will es wissen-Machete“ nicht mehr durch.
4. Die Mona Lisa
Ich werde oft gefragt, ob es Kunstwerke gibt, die ich besonders toll finde. Die gibt es, sogar sehr viele und es gibt solche, um die ein großes Aufsehen gemacht wird und denen ich gar nichts abgewinnen kann. Hiermit oute ich mich: Die Mona Lisa ist okay aber mehr nicht. Ich habe mich mit ihr beschäftigt, viel über sie gelesen und ich habe sie auch schon viele Male im Original gesehen, aber dieser Zauber packt mich nicht.
EXKURS – An dieser Stelle, wollte ich das Wort Hype statt Zauber schreiben und fragte mich dann, was ist eigentlich die Definition von Hype. Fragt man das Internet, erhält man als allerersten Eintrag drei Umschreibungen:
– besonders spektakuläre, mitreißende Werbung (die eine euphorische Begeisterung für ein Produkt bewirkt)
– aus Gründen der Publicity inszenierte Täuschung
– Welle oberflächlicher Begeisterung; Rummel
Und da hatte ich meine Erklärung für die Mona Lisa. Denn tatsächlich ist die erst durch ihren Raub Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem der berühmtesten Kunstwerke der Welt geworden. Vorher hat man sie eng an eng gehangen im Louvre zwar ausgestellt, aber sie war weder die Ikone Frankreichs noch die Italiens zu der sie durch den Diebstahl in einer politisch brisanten Zeit wurde. Vielleicht wird daher etwas hinein interpretiert, was ich so nicht sehe.
5. Speaker und Co. die frenetisch gefeiert werden
Ich bin sehr oft bei Konferenzen gebucht, wo es wahnsinnig bedeutende TOPSPEAKER und überhaupt die geilsten und besten Menschen gibt, die mir sagen wollen, wie dieses oder jenes funktioniert. Manchmal bin ich danach tatsächlich auch begeistert und erzähle allen, die nicht schnell genug das Weite suchen, wie toll dieser Mensch war und was sie oder er so alles gesagt hat. Aber manchmal bin ich fassungslos, was denn da jetzt passiert ist. Da ich ja meistens eine Sketchnote fabriziere merke ich immer sehr schnell, was ich so an Inhaltsdichte geliefert bekomme und manchmal habe ich da sehr wenig auf meinem Zettel und trotzdem werden diese Leute wie verrückt gefeiert.- Warum? Ich habe gemerkt, dass es ganz unterschiedliche Kriterien gibt, weswegen andere zB einen Vortragenden toll finden. Manchmal sind es Dinge, wie
- Souveränität – weil man sich selbst niemals wohlfühlen würde, wenn man vor mehreren hundert Menschen sprechen müsste
- Aussehen – weil man sich nie trauen würde im Business-Kontext neonfarbene Sneaker zu tragen oder weil er oder sie einfach toll aussehen
- Ausstrahlung – so ein charmanter Mensch, hat nix zu sagen, aber das sagt er mit Esprit 🙂
- Unterhaltungswert – weil man schon lange nicht mehr so gelacht hat, wie über die zwei kleinen Witze, die geschickt in den Vortrag eingeflossen sind
usw. Nicht allen im Publikum geht es um Inhalte und Lernen. das habe ich inzwischen verstanden.
Fazit: Ich muss nicht jedem Trend folgen und schon gar nicht alles toll finden, sollte aber nicht perse alles ablehnen, was eine große Zahl von Menschen auch gut findet. Manchmal bin ich einfach nicht Zielgruppe, kann aber anderen das Vergnügen daran lassen und gönnen. Keine Sorge: Ich fange jetzt nicht an die Mona Lisa runter zu machen, nur weil sie für mich keine emotionale Geschichte auslöst. Und beim nächsten Speaker, den ich inhaltsleer finde, bemühe ich das zu sehen, was die anderen toll finden. Mal sehen, ob das gelingt.
Ich könnte hier noch viele weitere Beispiele nennen, wo ich nicht Zielgruppe bin, die Liste ist lang Twilight, Titanic und Sex & the City, Schlagermusik, GNTM, Game of Thrones und vieles mehr, aber ich lasse es jetzt dabei. Was mich aber noch interessieren würde: welche Hypes kannst du nicht verstehen, waren nix für dich oder findest du super? Teile es gerne mit uns im Kommentar.
Das Foto stammt von Verena Yunita Yapi
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