Ab und zu bekomme ich einen Rappel und dann will ich ausmisten und aufräumen. Ich habe definitiv zu viele Sachen. Ich horte Unmengen von Stiften, Notizbüchern, Bücher und vor allem Krimskrams. Also habe ich mich in der vergangenen Woche dran gemacht, das Chaos zu sichten und mich wirklich von allem zu trennen, was nicht überlebensnotwendig ist. So total Marie Kondo mäßig. Am Ende reichen ja 5 Bücher und ein Stift, sagt sie doch, oder?
Diese Art von Aufräumwut kommt in Intervallen immer wieder. Es beginnt meistens damit, dass ich mir meine Schubladen vornehme. Ich habe sehr viele Schubladen. Alleine vier voller Masking Tape, drei voller Aufkleber und zwei voll mit Postits aller Art. Ich habe Schubladen voll Tusche und welche voller Tinte, eine voller Motivstanzer und eine voller Kabel, die gottweißwozu passen, aber würde ich sie wegschmeissen würde ich vermutlich am nächsten Tag genau diese Kombination brauchen. Es gibt eine Schublade mit Tesafilm und allem was klebt, eine mit allem was man für Linoldruck braucht und eine mit Stiftemäppchen und Beutelchen, eine mit Visitenkarten und allem rund um Sketchnotelovers und eine voller Notizzettel und Karteikarten, eine mit Origamipapier und Streifen um Sterne zu falten und eine für alle Aquarellkästen und Farbtuben und noch viele mehr. Und neben diesen unzähligen Schubladen habe ich auch noch unzählige Boxen und Kartons, Kisten, Schächtelchen und Dosen. Darin sind kleine Devotionalien eines Lebens voller Freude an gefühlt allem. Ich habe eine Dose voller Motivradiergummis (sowas wie Dürers Feldhase, Beethovens Porträtbüste, Raketen, Astronauten oder kleine Kakteen) in einer Kiste sind ungeschriebene Postkarten, die ich mal gekauft habe um sie zu verschicken, was dann doch nie passiert. In einer kleinen Dose sind Motivbüroklammern und in einer anderen Papierklemmen. Und dann sind noch die Aufbewahrungsboxen mit Papier auf dem etwas gezeichnet oder geschrieben ist. Kleine Zettel auf denen ein falsch gebautes Sprichwort steht, kleine von Marcus gezeichnete Notizen und zahllose Ideen, die es noch nicht in die Realisierung geschafft haben. Ich könnte die Reihe noch um einiges ergänzen (ich finde Postkartenset-Boxen toll und habe welche von Covern des New Yorker bis hin zu botanischen Zeichnungen aus dem Victoria & Albert Museum, Zitate von literarischen Klassikern oder berühmte Wissenschaftlerinnen und natürlich Haeckels Naturformen…und noch einige mehr) oder ich sammel Funko-Pop Bösewichte und eine kleine Galerie von ihnen ziert mein Atelier. Und ich liebe Lego.
In mitten dieser Schätze saß ich nun einige Tage – nicht ohne ein heilloses Chaos zu veranstalten und war wirklich willig mich zu trennen – theoretisch. Doch mit jedem Ding, das ich in die Hand nahm kam eine Erinnerung oder ein gutes Gefühl und die Sachen, die ich tatsächlich aussortiert habe sind verschwindend gering. Nun gibt es zwei Probleme an dieser Situation – erstens die Größe unserer Räume ist endlich und ich brauche zum Überleben eigentlich nichts davon. Bin ich also ein Messi? Weil ich mich von nichts trennen kann?
Und dann gab es irgendwo in der Nähe einen sehr großen Feuerwehreinsatz. Tatütata am laufenden Band…
… und ich dachte – Ach du Schande, was wenn es hier brennt? Und alle Motivradiergummis schmelzen zu einem großen Klumpen, alle Ideen gehen in Rauch auf, ein Teil der Flammen ist krass bunt, weil da gerade die Maskingtapes verbrennen was nur von den gelegentlichen kleinen Explosionen unterbrochen wird, wenn wieder ein Tintenglas der Hitze nicht mehr standhalten konnte. Während Ursula und Nummer 5, Blofeld und Loki auf meiner Fensterbank traurig zerfließen.
Was wäre dann? Würde dann der große Fußballphilosoph meiner Kindheit Dragoslav Stepanović
vor mir erscheinen und sagen: Lebbe geht weider!? Klar würde er. Und die zweite Frage, an wieviel von diesem Krimskrams würde ich mich erinnern und würde ihn wirklich vermissen? Wahrscheinlich nicht viel – ziemlich sicher fast gar nichts. Warum also kann ich nicht einfach ein paar Müllsäcke nehmen und alles weghauen?
Weil ich diese Dinge – auf meine etwas krude Art – sorgfältig kuratiert habe und ich sie liebe. Viele von diesen merkwürdigen Kleinoden sind Geliebte Objekte. Es ist sozusagen meine ganz persönliche Wunderkammer, die ich mir da zusammengestellt habe und sie hilft mir kreativ zu sein und zu bleiben und die Wunder der Welt besser zu verstehen, meine Erinnerungen zusammen zu halten und Ideen zu finden.
Und die meisten Besucher unserer Räume sind vielleicht auch gerade deswegen so gerne hier, weil es hier immer irgendwas zu entdecken gibt.
Statt auszumisten werden ich zukünftig einfach nur Staubwischen und Anschauen praktizieren. Das ist der Plan – der fühlt sich gerade gut an.
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