Ein Buch, das ich noch nicht gelesen habe und dennoch verschenken würde…
Da stelle ich gewisse Erwartungen an das Buch: entstanden durch das Cover, den Klappentext und Empfehlungen. Für mich sind vor allem die Empfehlungen bedeutend. Ein Buch, das ich tatsächlich dieses Jahr überlegte ungelesen mehrfach zu bestellen und in die Hände von Herzmenschen zu legen, ist “Überwintern” von Katherine May. Dann habe ich das Buch doch erstmal nur einmal bestellt, um es selbst zu lesen bevor ich es verschenke… Guess what, ich habe es in Geschenkpapier gewickelt und verschenkt, ohne es selbst gelesen zu haben. Als erstes erzähle ich die Geschichte, wie ich Buch-Empfehlungen sammle und komme dann später auf das Buch. So zumindest der Plan. Mal schauen, kann genauso schief gehen wie ungelesene Bücher verschenken.
Auf meinem Smartphone habe ich einen Ordner mit Screenshots. Der Ordner heißt schlicht „Bücher“ und darin finden sich Screenshots von Buchcovern, Rezensionen und Buchbesprechungen. Eine schier endlose Sammlung, die schneller wächst, als ich lesen kann. Meistens stolpere ich bei Instagram auf den unterschiedlichsten Profilen über neue Bücher, die per Screenshot auf meiner immerwährenden Liste landen.
Besonders viele dieser Screenshots sind aus der Story von Maria-Christina Piwowarski s Instagram-Profil. Sie ist Buchhändlerin bei Ocelot Berlin, moderiert einen Podcast (blauschwarzberlin) und bietet am ersten Wochenende im Monat eine “Literatursprechstunde” in ihrer Insta-Story an. Über den Instagram-Frage-Button können Lesegewohnheiten, zu beschenkende Personen oder Lebensumstände in kurzen Stichpunkten beschrieben werden und Maria-Christina Piwowarski stellt auf einem Slide Buchempfehlungen zusammen. Die Worte mit denen sie die Bücher empfiehlt oder über Autor:innen spricht, holen mich jedes Mal ab. Dann folge ich noch weiteren bücher- und lesebegeisterten Menschen, etwa einer nach England ausgewanderten Lektorin, der ich ebenfalls jedes Buch aus der Hand nehmen würde. Früher schrieb sie einen Blog, der mir massiv als Inspiration bei aufkommendem “Book-Cravings” diente. Der Blog ruht mittlerweile, doch auf ihrem privaten Profil berichtet sie immer wieder auf wunderbare Weise über ihre Leseerlebnisse.
So sammle ich also über und über Screenshots und Buchempfehlungen. Manche wandern gleich in einen E Mail-Entwurf, der sich notorisch in meinem Postfach befindet. Der Betreff ist immer der Gleiche: Digitale Buchbestellung Empfängerin meine Lieblingsbuchhändlerin. Ungefähr einmal im Monat wird der Mail-Entwurf abgeschickt. Wenn es möglich ist und ich die Bücher persönlich abhole, dann stöbere ich gerne noch eine Runde. Meist finde ich mindestens noch ein Buch (meist ein Bilderbuch), das unbedingt mit muss. Manchmal auch etwas aus dem Belletristik-Regal. Weil mich dann das Cover eines Buches anspricht. Oder ich mich erinnere, dass dieses Buch auch als Screenshot in meinem Ordner auf dem Handy ist und es gerade irgendwie “passen” würde, genau das jetzt zu lesen. Im letzten Jahr hat sich so ein Stapel von drei bis fünf ungelesenen Büchern angesammelt. Dieser liegt vorne auf dem Bücherregal, manchmal warten dort die Bücher eine Weile nachdem sie den Schritt vom Handy-Ordner, in den Mail-Entwurf, vor das Bücherregal geschafft haben.
Und vor diesem Bücherregal bekommen wir gerade die Kurve! Auf den Stapel wollte ich auch das Buch von Katherine May legen. Der Januar schien mir eine gute Zeit für ein Buch über den Winter und den Wandel zu sein… Doch ich las den Klappentext, dachte an die Besprechungen und kurzen Eindrücke, die über das Buch geschildert wurden, dachte an eine liebe Freundin und beschloss, dass ich dieses Buch ungelesen an sie verschenken muss.
Das Buch liegt gerade in vielen Händen, auf Wolldecken und neben Teetassen bei Instagram. Die Worte vermittelten mir den Eindruck, dass Buch fühlt sich nach genau dem an: warmen Wolldecken, heißem Tee, Lichterkettenschein und den Seiten der kalten, grauen Jahreszeit, die es leichter machen, das fehlende Tageslicht zu akzeptieren. Und laut Empfehlungen und Klappentext geht es genau darum. Den Winter als Metapher für den Wandel zu sehen. Das sich zurückziehen, innehalten und Veränderung Raum geben. Annehmen und den Wandel des Lebens hinnehmen. Das passt, in den Winter und in so manche Phasen des Lebens. Eigentlich mag ich keine Saisonale Literatur, weil ich manchmal an Büchern wachsen und manchmal nur wohlig eingehüllt werden mag. Daher entscheide ich mich spontan für eines der Bücher von meinem „Noch ungelesen“-Stapel. Wenn ich an mein Bücherstapel dann noch durch saisonale Aspekte einen weiteren Filter auf die Buchauswahl legen muss, dann bräuchte ich einen sehr viel höheren Stapel mit Auswahl. Das würde dann bei mir auch Druck zum schneller und mehr lesen schüren und ich möchte, dass Lesen für mich ein entspanntes Hobby bleibt. Bei dem sich alles passend anfühlt.
Genau wie bei „Überwintern“: Thema, Cover und die Erwartungen, die ich durch den Bericht über die Leseerlebnisse anderer an das Buch habe. Und ich glaube, dass das Buch auch für meine liebe Freundin genau passend kommen wird. Während ein Exemplar in Geschenkpapier gewickelt auf die Verschenkung wartet, habe ich meine digitale Buchbestellung um diesen Titel ergänzt.
„Überwintern. Wenn das Leben innehält“ von Katherine May ist als „literarisches Sachbuch“ im Insel Verlag erschienen und kostet 22 €.
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