Auch diese Woche wird wieder ein Buch vorgestellt, das der Autor noch nicht gelesen hat und dennoch verschenken würde:
Was ist Wissenschaft?
Was mir an Wissenschaft unter anderem gut gefällt, ist dass sie prinzipbedingt immer Widerspruch zulässt und bei einer neuen Faktenlage diesen bedingungslos akzeptiert. Eine kritische Auseinandersetzung ist nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht. Es gibt dabei nichts, was nicht Gegenstand von Forschung und Wissenschaft sein könnte. Also auch die Wissenschaft selbst! Was Wissenschaft ist und wie sie funktioniert, das beschreibt Alan F. Chalmers in seinem Klassiker “What Is This Thing Called Science?”
Das erste Mal wurde ich in den Neunziger Jahren bei einer Freundin auf dieses Buch aufmerksam. Wissenschaft über die Wissenschaft? Mein Interesse war sofort geweckt. Dass es eine Wissenschaftstheorie und -philosophie gibt, war mir bis dahin nicht klar gewesen.
Chalmers Buch wurde schon einige Male überarbeitet und in zahlreiche Sprachen übersetzt und gilt als Standardwerk zur Wissenschaftstheorie. Der deutsche Titel ist “Wege der Wissenschaft: Einführung in die Wissenschaftstheorie” – im Original lautet der Titel “What is This Thing Called Science?”. Oft ist auf dem Cover eine Katze abgebildet.
In Chalmers Buch werden mit steigendem Anspruch die Methoden der Wissenschaft vorgestellt: Es fängt mit Erfahrungen an, geht über die Beobachtung und das Experiment zur Schlussfolgerung von Theorien durch Induktion. Dann sind einige Kapitel der Falsifizierung gewidmet, also einer Widerlegung und quasi der Nachweis der Ungültigkeit einer Methode, Aussage, These oder Hypothese oder Theorie.
Einigen Raum nimmt auch Theorie als Struktur ein und in dem Zusammenhang wird der Begriff des Paradigmas nach Kuhn ins Spiel gebracht. Es folgen noch weitere interessante und spannende Kapitel über Theorien wie etwa der wissenschaftstheoretische Anarchismus nach Feyerabend, der Satz von Bayes, Realismus und Anti-Realismus. Ich beschränke mich hier auf die kurze Erwähnung, denn ich fürchte, dass ich hier selber noch nicht genug weiß oder verstehe und erst selbst lesen müsste, um das hier kurz beschreiben zu können.
Ich möchte noch erwähnen, dass es ein Kapitel gibt, das später hinzugefügt worden sein soll, das ebenfalls noch sehr interessant klingt. Es geht um den Atomismus, also der Annahme, dass Dinge aus kleinsten und nicht mehr teilbaren Elementen besteht – jeweils aus wissenschaftlicher und aus philosophischer Sicht. Die Philosophie suche nach der ultimativen Erklärung der physischen Realität wohingegen die moderne Wissenschaft dies nicht tue. Das finde ich spannend, wie man aus zwei Richtungen auf so eine These kommen kann und wo dann die Gemeinschaften aber auch Unterschiede liegen.
Im Dialog Naturwissenschaften und Philosophie gibt es einiges an interessanten Begegnungen, Austausch und Freundschaften und Anekdoten sowieso. Vielleicht liegt es an der menschlichen Faszination für Rätsel, wie Tanja es an anderer Stelle schon beschrieben hat. Es scheint so, als ob vor allem (momentan) unlösbare Rätsel einen besonderen Reiz ausüben und für viele Wissenschaftler eine sinnstiftende Motivation darstellen.
Da hier Wissenschaften von einer Meta-Ebene betrachtet werden, dürfte das Buch für jeden interessant sein, der sich für Wissenschaft interessiert, ob jetzt natur- oder geisteswissenschaftlicher Ausrichtung. In den Rezensionen, die ich gesehen habe steht unter anderem, dass das Buch auch für Laien verständlich sein soll – wenn dem so ist, dann wäre das ein weiterer Pluspunkt. Vielleicht ist das Buch auch deswegen Kult. Und wem das alles noch nicht genug Verschenk-Motivation bietet: Auf dem Titel ist eine Katze abgebildet! Vielleicht ist es die Kosmokatze?
[EDIT: Titel angepasst und Beitragsbild ausgetauscht]
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