Ein Buch von einer Introvertierten über Introversion. Für Introvertierte, aber nicht nur. Mit vielen Bildern, oder noch besser: Doodles.

In gewisser Weise erinnert mich das Buch, das ich vorstellen möchte, an den Artikel zu den verschiedenen Chronotypen. Auch bei Lerchen und Eulen gibt es wie bei Intro- und Extrovertierten einige Missverständnisse. Im Allgemeinen hält man Extrovertierte für offene und selbstbewusste Menschen. Introvertierte gelten als schüchtern, im schlimmsten Fall als verschlossen und eigenbrötlerisch. Jedenfalls irgendwie seltsam. Tatsächlich hat das eine mit dem anderen kaum etwas zu tun, es gibt nämlich sowohl nicht-schüchterne Introvertierte als auch schüchterne Extrovertierte.

Der Unterschied besteht darin, welche Situationen und Umgebungen sie als belastend und welche als erholsam empfinden. Ein extrovertierter Mensch braucht Stimulation durch andere Menschen und durch Aktivität. Bei einer Party oder einer großen Familienfeier blüht er richtig auf. Vielleicht spürt ihr es am eigenen Leib oder ihr habt es in den Medien mitbekommen – viele Menschen litten und leiden sehr unter den Kontaktbeschränkungen die durch die Pandemie auferlegt wurden. Im Gegensatz dazu zehren bei einem introvertierten Menschen große Zusammenkünfte und Partys an den Kräften und leeren schnell die Akkus. Introvertierte benötigen eine ruhige Umgebung um aufzutanken, etwa die eigene Wohnung, den Wald. Am besten allein oder im kleinen Kreis mit engen Freunden. Diese Unterschiede ergeben sich wohl dadurch, dass die Gehirne von Introvertierten äußere Reize intensiver wahrnehmen und verarbeiten:

Debrah L. Johnson von der University of Iowa zeigte mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie, dass introvertierte (und schüchterne) Menschen eine bessere Durchblutung und höhere Aktivitäten der Frontallappen und des vorderen Thalamus aufweisen, also Hirnregionen, die für Erinnerung, Problemlösung und Planung relevant sind, während Extravertierte erhöhte Aktivitäten in den Temporallappen, im hinteren Gyrus cinguli sowie im hinteren Thalamus zeigen, was für eine stärkere Inanspruchnahme durch sensorische Prozesse spricht. Introvertierte beziehen also mehr Informationen in die Problemlösung ein, Extravertierte denken und reagieren schneller.
https://de.wikipedia.org/wiki/Introversion#Introversion

Wer mehr erfahren möchte, kann den Comic-Strip von Dr. Carmella zu Rate ziehen:

Dr. Carmella’s Guide to Understanding the Introverted…

Aber jetzt mal endlich zum Buch: Introvert Doodles von Maureen „Marzi“ Wilson ist ein kleines illustriertes Buch, das Einblicke in das Leben Introvertierter in einer überwiegend extrovertierten Welt bietet. Ja, das Buch ist in Englisch, aber dadurch dass es sich eigentlich um Comics handelt, werden die Texte durch die Bildzusammenhänge ergänzt und somit ist es nicht allzu schwierig zu lesen. Es sind unterhaltsame weil selbstironische Episoden aus der Sicht von Marzi, einer bekennenden Introvertierten. Marzi selbst nennt ihre Comics Doodles, Kritzeleien. Die sind aber echt niedlich und wer Sketchnotes mag, der mag auf jeden Fall auch diese Doodles.

Für Introvertierte ist es ein heilsames Lesevergnügen, wird ihnen bei der Lektüre doch bewusst, dass nicht nur sie so komisch und allein auf der Welt sind. Für Extrovertierte eröffnet sich möglicherweise eine neue Perspektive, vor allem, wenn sie gelegentlich mit introvertierten Menschen zu tun haben. Jedenfalls dürfte für beide, Intro- und Extrovertierte, das Buch unterhaltsam sein, weil einem vieles von den lustigen Geschichten und Anekdoten bekannt vorkommen dürfte.