Manfred Prior hat die MiniMax-Interventionen entwickelt, um mit minimalen Interventionen eine maximale Wirkung zu erreichen. Dabei geht es um Fragestellungen und Kniffe in der Kommunikation. Also Interventionen für den eigenen Sprachgebrauch um in unterschiedlichen Settings Themen oder Vorschläge einbringen zu können. Zuerst erschien die MiniMax-Interventionen für den Einsatz in Therapie und Beratung. Dann veröffentlichte Manfred Prior mit der Co-Autorin Heike Winkler “MiniMax für Lehrer – 16 Kommunikationsstrategien mit maximaler Wirkung”. Dabei verfolgt der Autor den Anspruch, dass die MiniMax-Interventionen (beide Bücher!) nicht wie ein klassisches Buch gelesen werden. Das Buch soll immer Mal wieder zur Hand genommen werden und die Interventionen, wie sie gerade passen, gelesen werden. Nicht wie das klassische Buch von vorne nach hinten.

Ich konnte mit den Interventionen viel anfangen, da sie mir tatsächlich auf wenigen Seiten Fallstricke meiner Kommunikation aufzeigen. Bei mir setzten Aha-Momente, Einsatz- und Verbesserungsideen für mein alltägliches und berufliches Leben schnell ein. Ohne dass ich das Gefühl hatte, mich tief in verschiedenste Kommunikationstheorien einarbeiten zu müssen. Hier sollte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich im Rahmen eines Praktikums ein Tagesseminar besuchte, in dem Manfred Prior über seine Idee “Visualisieren komplexer Probleme mit Papier und Stift” sprach. Klar, dass ich allen weiteren Worten von ihm positiv und offen gegenüber stand.

Für diesen Blog-Artikel habe ich mir die zweite Variante der MiniMax-Interventionen zugelegt und gehofft, dass ich sie ähnlich begeistert verschlingen werde, wie das erste eselohringe, buntgemarkerte,klebezettel-gespickte Exemplar der MiniMax-Interventionen. Und der Zauber ist leider etwas verflogen. Die Interventionen für Lehrer bleiben hinter meinen Erwartungen.

Dies liegt allem voran an dem Knackpunkt des Blickwinkels auf Lehrende bzw. der dargestellten Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden. Ich betrachte Lehrende als “Lernprozessbegleitungen”, während an vielen Stellen des Buches ein Bild von Lehrenden (top) zu Lernenden (down) beschrieben wird. Bei der Übertragung und Anwendung von Kommunikationsstrategien aus den Bereichen Coaching und Therapie, hätte ich ein Bild von Lehrenden als Ermöglicher:innen, Moderierenden und zur Selbsterkenntnis-Befähigenden erwartet. Bei Prior und Winkler liegt der Fokus meist auf “weg vom Problem”. In den Beispielen geht es um mangelnde, quantifizierte Leistungen also Rückmeldungen zur Leistungskontrolle. Ich hätte mir an diesen Stellen gewünscht, dass die Autor:innen den Schritt weg vom schulischen Denken, hin zum breiteren Lehr-Lern-Kontext und einem Einsatz außerhalb der Leistungskontrolle wagen. Da Manfred Prior selbst viele Workshops und Seminare gegeben hat und ein sehr wertvolles Verständnis von Wissensvermittlung pflegt und sich selbst als Leitbild gesetzt hat. Hatte ich erwartet, dass der Blickwinkel und das Menschenbild des Coaching auf schulische sowie wissensvermittelnde Kontexte übertragen wird. Und Prior seine Erfahrung zur Gestaltung von Lehr-Lern-Settings in das Buch einfließen lässt. Diese Übertragung und Weiterentwicklung fehlt mir im Buch. Für mich wird es auch an den Stellen deutlich, an denen die gleichen (Anwendungs-)Beispiele für Intervention in beiden Büchern verwendet werden. Meist sind es die Stellen, an denen für mich eine Übertragung, Anwendung und der Mehrwert der Intervention für Lehr-Lern-Settings vage bleiben. 

Wer mit einfachen Kniffen an seiner Kommunikation arbeiten oder für bestimmte Settings seine rhetorischen Fähigkeiten ausbauen möchte, der:dem würde ich Manfred Priors MiniMax-Interventionen empfehlen. Für die Anwendung im eigenen (beruflich oder privat) Kontext, auch im Bereich Lehren und Lernen, würde ich empfehlen: Schau im ersten Buch (den MiniMax Interventionen), was du für dich passendes findest und denk die Methode selbst weiter!

Genau wie der Autor es sich wünscht, kann man dieses Buch immer Mal wieder zur Hand nehmen, eine Intervention aufschlagen und an ihr etwas herum denken, ausprobieren und sich mit neuen Anwendungsideen ausprobieren.