Ich habe Bibliotheken schon immer geliebt. Als Kind die Stadtbücherei in Solingen, als Studentin dann die Uni-Bibliotheken in Wuppertal, Dortmund, Jena und heute ab und zu auch mal die in Göttingen und natürlich meine eigene wachsende Sammlung in Zehnvorne, dem großen Büro. Die Faszination ging aber nicht nur von den Büchern und den darin befindlichen Geschichten, Bildern und Welten aus, sondern auch von dem Leihvorgang.
Kategorie: Sudelbuch
Als ich klein war – vielmehr jung, klein bin ich ja immer noch – ungefähr in dem Alter, wo man gerade so schreiben konnte, waren meine liebsten Beschäftigungen basteln, malen, zeichnen und wehe, wenn man mich in die Nähe des Flüssigklebers gelassen hat. Während ich also meine aufwendigen Collagen erstellte oder Ziehharmoniker-Dackel gebastelt hab, liefen in Dauerbeschallung Märchenkassetten. Ich hatte etliche Märchen, die für mich wahnsinnig aufregend waren. Allerleirauh zum Beispiel oder Kalif Storch war so eines. Und jedesmal, wenn die Stelle kam, an der das Wort für die Verwandlung benötigt wurde, aber nicht mehr gewusst wurde, habe ich sooo sehr mitgelitten. Aber ich hatte Abhilfe geschaffen. Auf dem Boden der Schublade meines Kinderzimmer-Nachtischchens stand in kritzeligen Filzstiftbuchstaben Mutabor. Handgeschriebenes merkt man sich offenbar besser 🙂 Und weil das offensichtlich half, stand in ebenfalls wackelig geschriebenen Worten auf meine Black-Beauty-Tapete, mit einem Oxer über den der schwarze Hengst gerade sprang als Hilfslinie „Lauf Bambi lauf der Jeger will dich holen.“ Umlaute konnte ich da wohl noch nicht. Offensichtlich ging es mir dann besser. Die Magie des Schreibens eben. Kennst du sowas auch?
Manchmal bekomme ich einen echten Rappel. Dann ist mein Hunger nach neuem Wissen oder einer Vertiefung irgendwelcher Fertigkeiten so groß, dass ich wie ein Tiger im Käfig umherstreife und mich auf nichts mehr konzentrieren kann.
Ich will was neues lernen, besser werden, gegen die Langeweile angehen, die sich breit macht und die mich wahnsinnig macht. Dann blättere ich virtuelle Angebote zu Fernstudiengängen durch, schaue mir die buchbaren Workshops an oder schaue stundenlang Buchempfehlungen durch. Immer auf der Suche nach dem neuen Etwas, was mich aus dem Sumpf der Langeweile holt bzw. mir Zerstreuung mit dem guten Gefühl der persönlichen Weiterentwicklung bietet.
Dummerweise reicht es manchmal auch einfach ein cooles vielversprechendes Buch zu bestellen. Das wandert dann auf den berühmten Tsundoku-Berg, der sich bei mir echt sehen lassen kann. Und da bleibt es dann, bis zum nächsten Rappel, würde man meinen. Aber weit gefehlt: Leider ist das Buch, wenn ich es einmal habe, auch ungelesen, ja nicht mehr neu und hilft nicht, beim nächsten Anflug von Neuwissensjapp. Selbst dann nicht, wenn es mit einem kleinen unsichtbaren Winker auf sich aufmerksam macht, also mir wieder in die Hände fällt. Das ist wirklich ziemlich bekloppt von mir. Kennst du das?