Nachdem wir also mit meiner Sommerleseliste etwas in meine (Lese-)Zukunft geschaut habe, jetzt die Gegenwart. Aktuell greife ich immer wieder nach Connect von Thea Mengeler. Wenn ich es in den Händen halte, fällt es mir schwer, es wieder wegzulegen.
Erst wurde mir das Buch von Andrea empfohlen und dann wurde mir empfohlen, mich mal mit der Autorin zu treffen, Danke Andrea! Also traf ich mich mit Thea im Café Kopi und das ist jetzt zu einem fast wöchentlichen Ding geworden. Die Frau hat verstanden, wie Verbindung geht!
Hier der Klappentext:
Ava führt ein herkömmliches Leben als Designerin in einer Werbeagentur. Dies ändert sich schlagartig, als sie Lina begegnet, einer Angehörigen der post-digitalen Gemeinschaft »connect«. Die sektenartige Vereinigung wird schnell zu ihrem Lebensmittelpunkt und Ava trifft eine folgenreiche Entscheidung. Eine spannende Erzählung, die sich den aktuellen Themen und Problemen des digitalen Zeitalters widmet.
Religiöse Sekten und Glaubensgemeinschaften betrachte ich argwöhnisch. Auch bei den Entwicklungen rund um die Pandemie habe ich mich gefragt, wie es sein kann, dass Menschen sich so einspinnen lassen. Nicht mehr auf den Rat von Familie und Freundeskreis hören und sich in etwas verlieren, dass doch so offensichtlich irgend eine konstruierte Ideologie ist. Beim Lesen von Connect merke ich es am eigenen Leib. Ich bin keine neutrale Beobachterin, die der Protagonistin Ava kritisch dabei zuschaut, wie sie sich immer mehr verstrickt. Ich verstricke mich selbst. Fühle bei Ava mit, finde mich selbst in ihren Gefühlen und warum diese Gruppe, bei der sie Antworten findet, so bedeutend wird. So bedeutend, dass sie darin aufgeht – vielleicht untergeht.
Disclaimer: ich bin mitten drin. Das Buch ist noch nicht beendet, ich will es irgendwie auch nicht beenden. Denn ich habe Angst davor wie weit Ava geht. Und ein bisschen fürchte ich mich auch vor der Selbsterkenntnis.
“Das wird kein comfort read!” hatte Thea noch zu mir gesagt, als sie mir vorne eine liebe Widmung ins Buch schrieb und den Kreis der Punkte vervollständigte. Ich nickte und erwartete einen Psychothriller. Es geht tiefer, nimmt mich viel mehr mit. Verbundensein und sich verstricken stehen nebeneinander. Ich spüre in mir einen Widerstand, weil ich selbst gut finde, was diese Gruppe macht. Ich merke, dass ich nicht wage sie Sekte zu nennen, weil es doch alles wissenschaftlich fundiert ist und kein religiöser Quatsch. Und dann schreit mein Verstand mich an “Ja, aber das ist doch der Trick von dieser Sekten! Mach doch mal die Augen auf!”
Die Bilder sind klar, ich stehe mit in der ehemaligen Sporthalle oder auf dem Airfield, dem abgeschotteten alten Flugplatz und der Basis von Connect. Ich spüre die Sehnsucht von Ava, den Reiz dieser Gruppe und den Verdruss an der Leistungsgesellschaft. Ich frage mich nicht, ob ich auf das Ganze reinfallen würde, nur wann ich es checken und die Kurve kriegen würde… Oder ob ich sie überhaupt bekäme.
Ja, ich finde Thea ist eine unglaublich kluge, geistreiche, warme und weiche Person. Ich fühle mich verbunden mit ihr. Vielleicht färbt das meinen Blick beim Lesen. Und vielleicht habt ihr nur die Chance euch selbst ein Bild zu machen, in dem ihr das Buch lest. Vielleicht über eure Skepsis hinweg. So fängt es häufig an, auch bei Sekten.
Disclaimer: Thea wusste nichts von diesem Artikel. Bis jetzt. Daher ist es absolut unbeauftragte Werbung, vielleicht eher eine Empfehlung mit Herz.
Das Foto im Titelbild ist von cal gao
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