Wir sind von Modellen umgeben und sie sind für uns so selbstverständlich, dass wir sie oft gar nicht bewusst als Modell wahrnehmen. Dabei ist es wichtig, sich der Vorteile und auch der Grenzen von Modellen bewusst zu sein. Wie im vorliegenden Beispiel kann das helfen, Missverständnisse zu vermeiden.

Aus wissenschafts- und systemtheoretischer Sicht ist ein Modell eine Abbildung der Wirklichkeit. Damit ein Modell gut funktioniert, kommt oft hinzu, dass es Komplexität reduziert und die Wirklichkeit mehr oder weniger stark vereinfacht abbildet.

Bei einem konkreten Modell ist es noch relativ selbsterklärend, dass das Modell eine stark vereinfachte Abbildung der Wirklichkeit und nicht die Wirklichkeit selbst darstellt. So ist ein auf dem Schreibtisch stehender Globus nicht der Planet Erde selbst.

Ein Modell kann auch abstrakt daherkommen, wie etwa eine Theorie oder eine Formel. Dann passiert es leicht, dass eine vereinfachende Erklärung als Wirklichkeit angenommen wird.

Daran musste ich denken, als ich vor einigen Wochen Teilnehmer beim Innovation Culture Camp in Mainz war. Bei der Session Handbremse im Innovationsprozess lösen – mit Neuro-Power ging es um Neurohacks. Dabei wurde ein Modell vorgestellt, was neurobiologische Grundbedürfnisse sowie beeinflussende Neurotransmitter/Hormone vorstellte und wie man diese nutzen könne, um diese als Stärken zu framen und so erfolgreich und zufrieden zu arbeiten. Eine Person meldete mit einer Zwischenfrage aus psychologischer Sicht Bedenken an – Menschen könnten durch diesen Ansatz ein Framing erfahren und so andere Aspekte ihrer Persönlichkeit als Schwächen ansehen. Es wurde nun einige Zeit darauf verwendet, ein argumentatives Ping-Pong zu spielen. Man konnte sich insofern nicht einigen, als dass der Einwand wohl nicht befriedigend entkräftet werden konnte.

Aus meiner Sicht lag dies vor allem an zwei Dingen. Zum einen war beiden nicht hinreichend bewusst, dass man über Modelle sprach und auch gar nicht, dass man über zwei verschiedene Modelle sprach. Es gab schlicht keinen Widerspruch den man hätte auflösen können.

Das erinnert mich an das Lehrbuchbeispiel für Mediation: Es geht dabei um zwei Schwestern, die sich um die eine Apfelsine streiten. Die Mutter nimmt dabei die Rolle der Mediatorin ein und fragt, was die Mädchen jeweils mit der Apfelsine wollen. Die eine möchte die Schale für einen Kuchen nutzen, die andere möchte den Saft auspressen. Man kann sich also nur auf den ersten Blick nicht einigen, die Motivation ist jeweils eine andere.

 


 

Beitragsbild von Guillaume de Germain