Spannend finde ich, dass vieles von unserem Empfinden und sogar unserer vermeintlich rational und bewusst getroffenen Entscheidungen neurobiologisch erklärbar ist. Hormone und Neurotransmitter haben einen großen Anteil daran wer und wie wir sind. Das allein ist schon interessant, aber richtig spannend wird es, wenn man mal schaut, wie man durch Neurohacks sein Gehirn nutzen kann, um effizienter zu arbeiten. Daher möchte ich in diesem Fundstück das Buch Neurohacks vorstellen.

Bereits in einem Podcast habe ich einen Eindruck von Friederike Fabritius, einer der Autoren, gewonnen und muss sagen, dass allein dies schon interessant war. So meinte sie unter anderem, dass Sie Kaffeetrinken für Zeitverschwendung halte (in dem Punkt kann ich natürlich nur auf’s Entschiedenste widersprechen ;)). Auch interessant fand ich, dass sie sachlich begründete, warum sie Smartphones meidet (Hinweis: es liegt am Dopamin). Diese Ausführungen finde ich konstruktiver als die von Manfred Spitzer, den ich immer als moralisierend und darüber hinaus sehr kulturpessimistisch empfinde; obwohl er in der Grundaussage ja mit Fabritius übereinstimmt. Ich muss aber zugeben, dass ich Spitzer auch nur aus Interviews kenne und seine Bücher nicht gelesen habe, möglicherweise tue ich ihm Unrecht. Der Podcast zu seinem Buch "Digitale Demenz" scheint mittlerweile leider wieder depubliziert worden zu sein. Der Podcast mit Friederike Fabritius war jedenfalls so interessant, dass ich mich nun erst recht mit dem Buch auseinandersetzen wollte.

Geschrieben wurde es von der eben schon erwähnten Friederike Fabritius sowie Hans Werner Hagemann. Der Untertitel lautet "Gehirngerecht und glücklicher arbeiten". Das Buch erscheint im Campus-Verlag1 und hat 296 Seiten.

Zunächst etwas zur Struktur. Das Buch besteht im Wesentlichen aus drei Teilen:

  • Teil 1: Potenziale voll ausschöpfen
  • Teil 2: Das Gehirn verändern
  • Teil 3: Dream-Teams aufbauen

In den Teilen sind jeweils drei weitere Kapitel, die diese Schwerpunkte weiter ausführen. Es gibt hier zunächst neurowissenschaftliche Erklärungen und später wird dann gezeigt, wie genau diese Erkenntnisse sich dann ganz praktisch umsetzen lassen. Die wissenschaftlichen Teile fand ich spannend zu lesen, man muss kein sprichwörtlicher Raketen- oder Neurowissenschaftler sein, um sie zu verstehen. Aber wahrscheinlich geht es dem Leser sowieso vor allem um die Neurohacks, also die Tipps. Wie kann ich mit – und nicht gegen – mein Gehirn arbeiten, wenn ich die Funktionsweise besser verstehe? Dazu später noch etwas mehr.
Sehr schön finde ich, wie am Ende jeden Kapitels die wichtigsten Punkte nochmal auf einer Doppelseite zusammengefasst werden.

Zum Inhalt: Spannend und erhellend war für mich die Erklärung zu den Neurotransmittern und was für Auswirkungen diese haben können. Auch hier werden Alltagsphänomene neurobiologisch erklärt. Im Gedächtnis geblieben ist mir da der Neurotransmitter Acetylcholin, der für höchste Konzentration und Lernfähigkeit sorgt. Babys haben von allen Menschen die höchste Konzentration an Acetylcholin und so erklärt sich, warum diese so wahnsinnig viel und schnell lernen.

Teil 1 und Teil 2, in denen es um Hacks geht, behandeln Themen wie Emotionen, Aufmerksamkeit, Konzentration, Flow, warum Multitasking schlecht ist, Gewohnheiten, Unbewusstsein (sic!) nutzen, Lernen. Sie behandeln die individuellen Aspekte aber Teil 3 geht zusätzlich noch auf gehirngerechte Teams ein. Hier geht es um Diversität (im neurobiologischen Sinn, Diversität des Denkens), Vertrauen und das Team der Zukunft.

Ich fand es interessant, wie der Punkt "Achtsamkeit" neurowissenschaftlich und pragmatisch ohne jegliche spirituellen Paraphrasen beschrieben wurde. Das mag jetzt nicht für Jeden wirklich neu sein. Mir gefällt aber gerade, dass die Praxis der Achtsamkeit auch einen wissenschaftlich belegbaren Nutzen haben kann und dass so vielleicht auch Menschen Zugang zu dem Thema finden, die sonst von Eso-Geschwurbel abgeschreckt werden.

Vielleicht auch interessant: Das Buch hat am Ende noch 13 Seiten Quellenangaben zu bieten, die in Form von Fußnoten nach Kapiteln geordnet sind.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass es mir Spass gemacht hat, das Buch zu lesen. Der Schreibstil ist fesselnd und informativ und nicht zu trocken. Der Titel Neurohacks verspricht nicht zu viel, es gibt zahlreiche Tipps, wie man im Alltag gehirngerechter arbeiten kann. Jeden, den das Thema interessiert kann ich das Buch unbedingt empfehlen!


Beitragsbild von Priyanka Singh

  1. Disclaimer: Das Buch wurde mir vom Campus-Verlag zur Rezension zur Verfügung gestellt, das wurde aber an keinerlei Bedingung geknüpft und hatte keinen Einfluss auf die Rezension. Die dargestellten Mechanismen sind auf inem popularwissenschaftlichen Niveau und vereinfacht dargestellt. Es ersetzt keinesfalls ein Studium der Neurobiologie – nach der Lektüre bitte keine Lobotomie durchführen.