Als Krav maga Instruktoren lernen wir „Talk like you can’t move / Move like you can’t talk“ (spreche, als könntest du dich nicht bewegen / bewege dich, als könntest du nicht sprechen). Begegnet ist mir die Achtsamkeit für verschiedene Sinne, die wir ansprechen, auch in der Architektur und in der Hundeschule, aber lest selbst…

„Talk like you can’t move“ – Beschreibe was du tust so gut, dass jemand der dich nicht sieht ein Bild vor Augen hat. Das hilft allen, nicht nur akustisch Lernenden oder blinden Personen. „Move like you can’t talk“ – Bewege dich so sauber, dass jemand, der visuell lernt oder deine Worte nicht hört, gut beobachten und erfassen kann, was du tust. Am besten auch eins nach dem anderen: Erst die Technik (ohne Worte) zeigen und dann erklären, wie die Abwehr funktioniert. Wenn ich zum Beispiel zeige und gleichzeitig erkläre, wie ich eine Messerattacke abwehre und jemand meine Lippen lesen UND die Bewegungen analysieren will ist das natürlich suboptimal. Und sind wir mal ehrlich: Jemand, der mir gleichzeitig zuhört UND alle Bewegungen erfassen will, versteht die Technik in der Regel nur halb so gut.

Im Training versuche ich Kommandos gleichzeitig zu sprechen und zu zeigen (es sei denn wir üben alle das Training im Dunkeln/mit Stroboskoplicht oder bei extrem Lauter Musik/mit Ohrstöpseln).

Und hier kommt das Zwei-Sinne-Prinzip ins Spiel: Es besagt, dass wir immer über mindestens zwei Sinne (zur Auswahl stehen in der Regel hören, sehen und tasten) im besten Fall auch mehr, kommunizieren wollen. Martin Schienbein, Architekt für Barrierefreiheit bzw. barrierefreies Bauen, der mich mit dem Prinzip bekannt gemacht hat, benennt (übrigens auch in seinem Podcast) zum Beispiel den Aufzug, der dir sowohl per visueller Anzeige, aber auch per Ton („zweiter Stock“) zeigt und sagt, wo du bist – dass ist nicht nur für blinde oder taube Personen wichtig, sondern auch wenn Leute im Smartphone versunken sind und dank Audiosignal trotzdem erfahren, dass sie rausmüssen (oder Laut Musik hören und dann per visuellem Signal Bescheid wissen). Im besten Falle gibt es zusätzlich noch eine taktile Führung, zum Beispiel durch Braille-Schrift an den Knöpfen. Von Martin Schienbein stammt übrigens auch der Satz: „Barrierefreiheit ist für 10% unerlässlich, für 30% notwendig und für wirklich 100% der Menschen komfortabel“. Wenn es als Argument für das zwei-Sinne-Prinzip nicht reicht, dass 10% wirklich drauf angewiesen sind, dann denk dran: Je älter du bist, desto eher brauchst auch du Barrierefreiheit.

In der Hundeschule versuchen wir das zwei-Sinne Prinzip übrigens auch umzusetzen: Die „Erstsprache“ der Hunde ist unsere Körpersprache zu lesen (visuelle Sprache). Verbale Zeichen wie „Sitz“, „Platz“, „Steh“ sind für unsere Ruby viel schwerer zu lernen, als die passenden Handzeichen. Wenn sie einmal „drüber“ ist, also zum Beispiel ein Reh (oder den Postboten) gesehen hat und im Tunnel ist – weder sieht noch hört – hilft ein Antippen (taktiler Reiz) und sie ist wieder da – Gottseidank können wir mit mehreren Sinnen kommunizieren! Und wenn Ruby einmal schwerhörig und/oder kurzsichtig ist, kann sie uns (und vor allem die Leckerlis) immer noch riechen.

Bild von Fran • @thisisfranpatel auf Pixabay