Wissend is the new sexy.

Umsetzungsstark bis 90% oder warum bin ich eine Fertigstellungsniete?

Kennst du das auch, da arbeitest du mit Feuereifer an einer Sache und dann, wenn es fast fertig ist, verlässt dich irgendwie die Lust daran bzw. die Energie fällt schlagartig auf das Niveau einer Taschenlampen-Batterie am Ende der Nachtwanderung ab. Eigentlich sind nur noch ein paar letzte Handgriffe zu erledigen, aber es bleibt liegen und liegen und setzt Staub an und bleibt, begraben unter diversen 10% von anderen fast fertigen Sachen noch viel länger liegen.

Es ist nicht vergessen. Das wäre eigentlich schön. Nein, stattdessen schleicht es sich auf jede ToDo Liste und mahnt, leise an den Nerven zerrend, die Finalisierung an. Die aber erst mal nicht geschehen wird. Denn es gibt neue und coole und viel spannendere Ideen umzusetzen und viel großartigere Konzepte zu füllen und innovativere Ansätze zu verfolgen. Wie eine kleine Brise weht aber ein leicht jammernder, vorwurfsvoller Singsang durch mein Unterbewusstsein und erinnert immer und immer wieder daran, dass da noch was unten im Stapel auf seine Fertigstellung wartet.

Das Schlimmste an dieser Situation ist gar nicht mal, dass es immer wieder passiert und daher schon ein wenig vorhersehbar ist, sondern der Umstand, dass wenn ich mich dann endlich mal hinsetze und es fertig mache, das ganze riesengroß aufgeblähte Unterfangen, vor dem ich mich windend seit Wochen drücke, sehr oft zackdiwack erledigt ist. Manchmal dauert es keine 20 Minuten und es ist endlich vollbracht. Aber bis dahin habe ich wochenlang lamentiert und leichte Bauchweh gehabt, weil ich das ja auch noch machen muss.

Ich frage mich woher diese innere Abwehr kommt. Ist es die Langeweile, die ich verspüre, wenn das Projekt eigentlich schon zu Ende gedacht ist und ich jetzt nur noch so eine nervige oder lästige finale Sache machen muss oder ist es eher der Umstand, dass mit der endgültigen Fertigstellung auch das Ende des Projektes ansteht und ich es dann ad acta legen kann? Na ja bei der Steuererklärung ist das nicht nachvollziehbar, bei meinem neuesten Buch aber vielleicht schon irgendwie. Es gibt keine logische Erklärung, denn manche Projekt ziehe ich auch einfach vom ersten bis zum letzten Strich durch und fertig. Übrigens mag ich auch nicht gerne Sachen aufessen. Die letzte Scheibe Knäckebrot in der Packung schmeckt mir nie, wenn ich weiß, dass schon eine neue frische wartet oder die letzte Scheibe Käse. Bei Getränken beobachte ich das auch. Ich bin Mrs Ösel. (So heißt bei uns der letzte Rest im Glas). Die Beobachtung zieht sich also durch sehr viele Lebensbereiche.

Wenn ich das jemandem erzähle kommt gerne die Frage: „Aber freust du dich denn gar nicht, wenn du es dann fertig hast? Oder vollführst so eine Art auf die Schulter klopfen und sagst: Gut gemacht. Nächstes Projekt?“ Nein – natürlich freue ich mich, wenn ich das fertige Werk an meine Kunden geschickt habe, aber bei Kundenprojekten habe ich das Problem auch eher nicht. Es geht mehr um eigene Projekte oder Fragebogen für die Krankenkasse. Alles Sachen die keine Deadline haben. Und falls du jetzt denkst ich könnte dem Problem zu Leibe rücken, in dem ich mir Deadlines stelle. Das funktioniert nicht. Ich kann mich selbst nicht austricksen. Habe ich ausprobiert funktioniert aber nicht.

Allein bin ich mit diesem Phänomen nicht. Ich will mich auf keinen Fall mit ihm auf eine Stufe stellen, aber von Leonardo da Vinci sagt man auch, dass er kein Projekt wirklich abgeschlossen hat und mal ehrlich, unvollendet oder nicht, der Typ war einfach der Wahnsinn. Und auch von einigen Schriftstellern weiß man, dass sie sehr viele unvollendete Werke in der Schublade liegen haben. Wie sieht es bei dir aus? Ziehst du Projekte konsequent durch oder bummelst du am Ende auch herum?

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Hallo Herbst – am Ende der Sommerleseliste

  1. Jana

    Meine persönliche Erklärung ist die Langeweile. Langeweile bei eigenen Projekten, die dann eintritt wenn es weniger komplex wird und die Antwort auf die Frage schon da ist. Eine Befragung und die Ergebnisse sind da, dokumentieren oder weitergehen? Wozu noch fertigstellen und nicht der nächsten Frage nachgehen? Oder einfach ein offenes Ende um noch Spielraum für die Gedanken zu lassen?
    Und Langeweile bei dem Bogen der Krankenkasse wo es doch so viele Sachen gibt die sinnvoller und spannender erscheinen . Und dennoch verfolgt das Vernunftsmonster mich auf meinem Weg.. häufig bis zu den hundert Prozent . Eine eins und zwei Nullen „war doch gar nicht so schwer“.
    Diese Langeweile als Raum dazwischen führt zu vielen neuen Ideen und ist für mich sehr wertvoll.
    Und eine eins und eine null ist doch schnell geschafft, das kann auch warten… Ein gutes Pferd springt immer so hoch wie es will?
    Eine Prokrastination der Gedanken.

    • Hallo Jana,
      Jaaaa Langeweile ist bei mir auch oft das Thema Nr. 1 und die Vielfalt an Alternativen, die alle viel spannender und kurzweiliger klingen als das, was da noch auf seine letzten Handgriffe wartet. Vielen Dank für deinen Kommentar und den Beweis, dass ich da nicht alleine stehe 🙂 Prokrastination wäre auch mal ein gutes Thema für einen Artikel 🙂
      Hab ein wunderbares Wochenende.
      Liebe Grüße
      Tanja

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