Ganz egal, welche Haltung man vertritt, es scheint allgemeiner Konsens zu sein, dass Lernen wichtig ist und als solches nie aufhört oder aufhören sollte. Was man dabei lernen soll, ist sicher individuell unterschiedlich, Geschmacks- und Ansichtssache.
Ich bin über eine Schlagzeile gestolpert, die sinngemäß sagte, man solle sich früh genug an den Gedanken gewöhnen, dass man auch von Jüngeren lernen könne. Mit zunehmendem Alter würden schließlich die Menschen, die jünger als man selbst sind mehr, während die älteren Menschen weniger würden. Dazu fiel mir auch ein, dass ich zufällig mal einen Artikel gesehen habe, der sich an Führungskräfte richtete. Er beschäftigte sich damit, wie man als Chef mit älteren, erfahreneren und auch besser qualifizierten Angestellten umgehen solle. Bei Schwanitz‘ Buch über Bildung findet sich ein Kapitel über Dinge, die man nicht lernen oder wissen müsste (z.B. Klatschpresse).
Das alles sind Beispiele dafür, die einem mehr oder weniger direkt nahelegen, was relevant für einen sei. Dabei geht es auch immer um die Frage des Absenders. Konkret also, lasse ich mir von Jüngeren etwas sagen, oder von Älteren? Spontan denkt man vielleicht, dass die Information, das zu Lernende, unabhängig vom Absender bewertet werden muss, zumindest hätte ich das spontan so beantwortet. Wenn etwas wahr ist, wird das vom Absender schließlich nicht relativiert.
Wenn man aber an die von Schwanitz angeführte Klatschpresse denkt, relativiert sich das wieder. Völlig losgelöst vom Absender kann die Information nicht richtig eingeordnet werden. Nur wer weiß, von wem eine Information stammt und welche Absichten der Absender möglicherweise verfolgt, kann diese differenziert bewerten.
Das führt uns zum Thema der Medienkompetenz. Neben den Bereichen Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung fällt darunter auch die Medienkritik. Das beinhaltet, dass man politische oder kommerzielle Interessen in journalistischen Beiträgen erkennen kann. Der Sprung hin zur Bildung im humanistischen Sinn (digitale Mündigkeit) und zur Idee vom „Lernen lernen“ ist da nicht allzu weit.
Unsere Zeit bietet da einige Herausforderungen. Nicht, dass es früher besser gewesen wäre, aber gewisse Umstände machen einige Punkte schwieriger, wie die Informationsfülle und die starke Unterwerfung praktische aller Bereiche an marktwirtschaftliche Prinzipien.
Entgegen ständiger Absichtserklärungen ist Bildung stark unterfinanziert. Konzerne füllen gerne Lücken, die da entstehen. Wie ist es zu bewerten, dass Microsoft, Apple, Google und andere Schulen unterstützen?
Aber auch das Thema Medien ist schwierig. In einer idealen Welt wären die Medien die vierte Säule neben Legislative, Exekutive und Judikative. Besonders in Deutschland mussten Menschen lernen, dass Medien in staatlicher Hand keine gute Idee sind. Allerdings sind die Medien auch marktwirtschaftlichen Zwängen unterworfen. Es gibt längst nur noch einige wenige Medienkonzerne, die ja auch jemandem gehören. Und die haben natürlich auch eigene Interessen.
Hinzu kommt, dass seriöser Journalismus und Reportagen Geld kosten. Wenn sie überhaupt noch geboten werden, dann verschwindet relevante Information daher oft hinter einer Paywall. Unnötig zu erwähnen, dass Meinungsjournalismus und Lobbyarbeit selbstverständlich weiter öffentlich zugänglich sind.
Immerhin, der Bund stellt Schulen Mittel zur Verfügung („Digitalpakt“), damit sie sich technisch besser ausrüsten können. Aber es dürfte klar sein, dass beispielsweise ein Tablet noch kein medienkompetentes Kind schafft. Und es gibt noch viele Aspekte vor, auf die hier noch gar nicht eingegangen wurde, wie beispielsweise Privatsphäre, Stalking, In-App-Käufe und Influencer.
Glücklicherweise ist Vielen die Relevanz von Medienkompetenz bewusst, sodass einige Ressourcen auch im Netz zu finden sind. Ansonsten scheint das Thema eher unbeliebt zu sein, der schwarze Peter wird zwischen Schulen und Eltern hin- und hergeschoben. Es wäre dennoch rm schön, wenn das Thema an Schulen behandelt würde, denn vermutlich dürften auch viele Eltern mit dem Thema überfordert sein.
Einen hervorragenden Überblick und konkrete Ressourcen bietet Digitalcourage mit dem Thema „Vermittlung von Medienkompetenz an Schulen“.
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