Samstag ist Markttag. Für mich gibt es einen festen Obst- und Gemüsestand an dem Kräuter, Spargel oder was auch immer gerade Saison hat, gekauft werden. Ich hege einfach Sympathien für den jungen Mann, der dort immer noch mal eine Orange oder Banane oben drauf legt. Seit einigen Wochen wird ein neuer Mitarbeiter angelernt, er wiegt sorgfältig die Waren, nuschelt Zahlen, hält immer wieder inne und geht alle Preise noch einmal im Kopf durch. Ich merke seine Unruhe während er im Kopf alle Summen addiert.

Letzten Samstag rechnete der junge Mitarbeiter gerade Petersilie, Minze, Dill, ein Bund Möhren und Co zusammen, als ein Kunde wieder an den Stand trat und sagte “Du hast dich verrechnet und mir zu viel Geld heraus gegeben. Hier! Das Wechselgeld war zu viel.” Und legte das überzählige Wechselgeld in die Hand des erstaunten Verkäufers. Was das mit mir zu tun hat? Ich wurde dann gefragt, ob ich parallel mit rechne, damit ich am Ende nicht zu viel bezahle. Nein, tue ich nicht. Sobald Zahlen zusammengezogen werden und Summen bilden sollen, wird es schwarz in meinem Kopf.

Es war schon immer so. Sobald ich versuchte mich auf Zahlen zu konzentrierten, fingen sie an zu tanzen. Ich habe sie erkannt, doch sie standen nie lange genug still, um sie in Reihenfolge zu bringen und richtig abzulesen. Daher war es mir immer ein Graus die Jahreszahlen zu historischen Ereignissen lernen zu müssen. In der Schule fragte ich mich eh, warum ich wissen musste ob es 5.000.000 oder 6.000.000 vor unserer Zeit diesen oder jenen Dino gab. Es war verdammt lange her. Und es gab Dinos! Riesig große Lebewesen, die völlig anders aussahen, als alles was wir kannten. Und der Fund von  Dino-Skeletten Menschen im Mittelalter wahrscheinlich an Drachen und andere Fabelwesen hat glauben lassen. Darüber hätte ich im Unterricht lieber gesprochen. 

Mittlerweile ist mir klar, dass es wichtig ist Jahreszahlen zu kennen. Also nicht bei den Dinos, da wundere ich mich noch immer eher über diese Wesen als wann wer gelebt hat. Bei allem ab dem Jahr null verstehe ich, dass es relevant wird. Kunst, Gesetze, Persönlichkeiten und Zeitgeschehen können durch die Jahreszeiten in Verbindung gebracht werden. Die Chronologie ist bedeutend für das Verständnis von Weltgeschehen. Und ich verstehe auch, dass es wichtig ist Zahlen zusammen bringen zu können, in Bezug zueinander zu setzen. Selbstsicherheit, auch beim Rechnen, dass hat mit Routine zu tun. Mit Selbstvertrauen und Aushalten, dass die Zahlen tanzen und sie nach dem Ringelreihen in Summe zusammen kommen. In meinem Fall hat es auch mit einer leichten Form von Dyskalkulie zu tun. 

Also stehe ich demnächst zusammen mit dem jungen Verkäufer am Marktstand, sage Preise auf, ziehe tanzende Zahlen zusammen und schlage vor, dass der Durchschnittswert unserer beiden Ergebnisse die Gesamtsumme des Einkaufs ist. Wir müssen nur aushandeln, wer dann den Durchschnitt berechnet…

 

 

Das Markt-Foto ist von Peter Wendet. Die Zahlen-Polonaise habe ich ergänzt.