Ich bastel gerne, bin aber nicht sonderlich präzise. Will heißen, wenn etwas exakt werden muss, ist es eher nichts für mich. Andererseits finde ich es aber sehr entspannend einfach nur stupide zu falten oder zu schneiden, anstatt mir meinen Kopf zu zerbrechen, wie ich ein Bildsymbol für eine komplexe Angelegenheit finde. Nun habe ich zwei Probleme beim Basteln. Erstens die bereits erwähnten Hang zu einer gewissen Schluderigkeit und zweitens den Mangel an schönen Projekten. Denn für meinen Geschmack sind die meisten klassischen Bastelprojekte albern, kitschig und tun mir in den Augen weh. Ich brauche weder schreiend bunte Ostereier in Artischockentechnik noch Tontopf-Vogelscheuchen oder lustige Weihnachtswichtel aus Klorollen und Watte. Also durchforste ich regelmäßig das Netz nach minimalistischen und schlichten Bastelideen. Von 150 gefundenen Anleitungen ist maximal eine nach meinem Geschmack und das führt dann meistens dazu, dass ich jedes Jahr wieder die gleichen Dinge mache, weil sie funktionieren, entspannen und die Ergebnisse schön sind. Wenn ich diese Geschichte erzähle, kommen ganz oft Kommentare in die Richtung „Ja, das ist alles so voll hässlich!“ „Das finde ich auch. Es gibt so viel grausiges Bastelzeug.“ Jetzt frag ich mich, liegt das an mir und ich frage immer nur die handvoll Menschen, die das genauso sehen oder ist es wie bei Puzzlen. Ich würde niemals ein Puzzle zusammensetzen, wo ich das Motiv doof finde, aber von 100 Puzzlen finde ich 98 motivtechnisch ganz grausam. Habe ich als einzige so einen Geschmack, wie ich ihn nun mal habe?
Zurück zu meinen Projekten. Was ist denn meines anspruchsvollen Geschmacks würdig? Hüstel. Na ja eigentlich nichts besonderes. Ich bastel Origami- und Fröbelsterne (aber da muss dann auch das Papier cool sein), Papierkürbisse und bunte Eichelhütchen sind dieses Jahr auf den Bastelplan gewandert und ich habe reichlich und mit viel Freude herum geklebt, gemalt und gefaltet.
Doch warum bastel ich immer noch so gerne, obwohl ich nun schon ziemlich erwachsen bin und warum machen das außer mir sooo viele andere auch? Was hat es mit diesem Hobby auf sich? In einer großen Zeitung war vor einigen Jahren mal ein Artikel, wo ein Redakteur sich furchtbar aufregte, dass viele Erwachsene Ausmalbücher toll finden und diesem Hobby so exzessiv frönen, dass der Stiftemarkt zusammengebrochen ist. Es sprach in diesem Zusammenhang von der Infantilisierung des Freizeitangebots. Ich war nach der Lektüre wirklich sauer, weil ein Hobby wie Basteln oder Ausmalbücher voll malen, doch niemandem weh tut. Es geht Papier drauf, okay, aber ich kann mir schlimmere Sachen vorstellen, mit denen Erwachsene ihre Zeit füllen.
Für mich – und das ist nun die Erkenntnis – gibt es im beruflichen Kontext beinahe täglich neue Ideen, die ich Gestalt werden lasse. Ich arbeite mit meinem Kopf und meinen Händen, aber der Kopf spielt eine wichtigere Rolle. Er ist die ganze Zeit angeschaltet und läuft auf Hochtouren während ich komplexe Sachverhalte verständlicher mache. Während des Zeichnens wird dann die ganze Zeit hinterfragt, ob das so Sinn macht.
Wenn ich bastel hingegen ist mein Kopf ausgeschaltet. Wenn ich die Eichelhütchen ausmale, dann ist das beinahe meditativ und das anschließende Füllen mit Holzkleber ist perfekt, um durch die stetige Wiederholung der immer gleichen Bewegung ebenfalls in eine völlige Ruhephase zu kommen. In der Regel mache ich ca. 100 Hütchen während eines Durchgangs fertig. Das dauert und fährt alles runter. Es ist nicht anspruchsvoll aber man muss doch aufmerksam sein, sonst läuft es über oder verwischt. Ähnlich ist es mit Fröbelsternen oder den kleinen Origamisternen. Ich habe von beiden schon mehrere hundert gefaltet und meine Hände wissen automatisiert was zu tun ist. Besser abschalten könnte ich nur noch, wenn ich dabei noch aufs Meer schauen würde.
Und wenn du auf den Geschmack gekommen bist: Die Eichelhütchen-Idee ist von Brigitte Borchers, die mir auch schon mal einige Schächtelchen voll geschenkt hat. Ich liebe sie und verschenke sie auch gerne. Die Kürbisse sind aus dem Netz und dann von einem Blog, der eine der Unarten vieler Blogs praktiziert. Ca. 20 mal das fast gleiche Foto zu posten. Das finde ich immer sehr ermüdend, macht aber natürlich den Artikel optisch länger und ist sicherlich auch für die VG Bild toll. Ich finde es überflüssig, aber die Anleitung von den Kürbissen fand ich sehr schön.
So genug des Ausflugs in meine privaten Freuden. Bastelst du auch gerne? Wenn ja was. Oder doch eher Handarbeiten, Bier brauen… hast du Hobbies, die etwas produzieren? Ich freu mich über Kommentare
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