Erinnert ihr euch noch an Scrubs? JD („Jay-Dee“) ist darin der Hauptprotagonist und dessen gedanklichen Selbstgespräche führen das Publikum durch den Alltag einer Ärzte Clique in einem amerikanischen Krankenhaus – mit allem Chaos, Drama, Witz und Charme. Ich persönlich erkenne mich beim inneren Dialog des teils unsicheren, emphatischen, verpeilten Arztes wieder und bis vor kurzem dachte ich, dass jeder Mensch eine innere Stimme hat bzw. hört. MIT NICHTEN! Hier scheiden sich nämlich die Geister, im wahrsten Sinne des Wortes. Während die meisten in meiner nicht repräsentativen Mini-Umfrage diesen inneren Kommentierenden kennen, fiel eine Freundin völlig aus den Wolken: „Ich hielt JDs Selbstgespräche immer für eine völlig absurde (wenn auch unterhaltsame) Idee! Wie soll man bei dem ganzen Gelaber einen klaren Gedanken fassen?!“.

Egal, ob du nun tatsächlich eine Stimme hörst oder nicht, spielt der innere Kritiker/die innere Kritikerin oder Schweinehund eine große Rolle bei den angeblich bis zu 35.000 Entscheidungen, die du am Tag triffst* – und kann sich positiv oder negativ auswirken. Auch darum soll es in diesem Artikel gehen.

Von der Tatsache, dass manche Personen eine Stimme im Kopf haben und andere nicht (und beide nichts von den anderen ahnen) habe ich hier zuerst gelesen. In dem Thread findet man neben einigen Tweets der zwei Lager auch die wenigen Studien zum Thema: Demnach gibt es ein Spektrum an Leuten – an einem Ende die, die permanent einen inneren Dialog hören und die anderen, die ausschließlich in Konzepten, nicht aber in Worten denken… und alle Bereiche dazwischen, also wo der innere Kommentierende und das Denken in Konzepten sich die Waage halten oder zum Beispiel 20 und 80% der Zeit vordergründig sind. Übrigens ist die innere Stimme laut eines dort zitierten gehörlosen Menschen nicht akustisch, manchmal visuell in Form von Worten, Bildern oder Gebärden. Der Autor wiederum hört wohl Patrick Stuart aka Jean-Luc Picard in seinem Kopf! Ich habe Captain Janeway im Titel zwecks Parität eingeworfen:)

Super interessant, und vielleicht Stoff für einen weiteren Artikel: Es gibt Menschen, die nicht in Bildern denken!

Nun aber ans Eingemachte: Schon wenn der Wecker klingelt beginnt der innere Dialog – „Ach komm noch 5 Minuten“ oder „Raus aus dem Bett“, bis zum Frühstück „Zimtschnecke oder Obst?“, Jogginghose oder Jeans, beim PING aufs Handy schauen oder es lassen, und das waren erst 5 Minuten. Die vielen Entscheidungen am Tag sind natürlich einfacher zu bewältigen, wenn man Gewohnheiten (jeden morgen als erstes Zähneputzen) und Prinzipien (ich esse kein Fleisch) etabliert und sich das entsprechende Narrativ (meine Gesundheit geht vor und dafür gehe ich immer um x ins Bett und trainiere jede Woche y Mal) zurechtlegt. …dazu mehr in meiner Buchempfehlung am Donnerstag.

Und jetzt zum inneren Kritiker/zur inneren Kritikerin: Das Hirn ist, wie auch in diesem Buch geschildert, evolutionär auf Negatives fokussiert. Klar, zum Überleben musste sich Mensch sicher mehr auf den gefährlichen Säbelzahntiger als auf den schönen Schmetterling konzentrieren. Heute sind es die vorwiegend negativen Schlagzeilen, auf die unser Hirn anspringt. Das Hirn wird also durch Negatives belohnt, und so bekommt auch der innere Kritiker/die innere Kritikerin immer Futter: „Schon wieder zu viel auf dem Handy gedaddelt“ – „Meine Präsentation war kacke“, „Ich bin einfach schlecht in Mathe“. Ben Bergeron sagt in dieser Folge seines Podcasts: Die Aufgabe eines Kritikers/einer Kritikerin ist, Negatives aufzuzeigen, dem inneren Kritiker/der inneren Kritikerin ist es egal, wie es dir geht oder was du zu einem für dich guten Tag brauchst. Und hier kommt sein Kniff: Der innere Kritiker/die innere Kritikerin bist nicht Du, sie ist nur eine Stimme im Kopfradio – und neben den inneren Kritiker/der inneren Kritikerin setzt er nun die des Coaches: Seine oder ihre Aufgabe ist, die Dinge, die der Kritiker/die Kritikerin sagt, mit einer konstruktiven Lösung oder Antwort zu versehen. Und mit Übung und Zeit, dieser Stimme mehr Gehör zu schenken. Manch andere sagen „Sei dir selbst ein besserer Freund/eine bessere Freundin“ – oder wie die Stimme in meinem Kopf – manchmal sogar als Morgan Freeman – zu sagen pflegt „Kathe, du machst das super. Konzentrier dich, atme durch, und mach weiter“.

Foto von Miguel Á. Padriñán von Pexels.

*Hierzu gibt es kaum reproduzierbare Studien, wie hier zusammengefasst.