Egal wie Weihnachten bei euch aussieht – ich dachte, ich wage zu diesem Anlass einen Aufschlag zur sogenannten gewaltfreien Kommunikation (GfK). Das von Marshall Rosenberg in den 1960ern entwickelte Konzept hilft mir persönlich sehr bei der wertschätzenden Kommunikation, Lösung oder Prävention von Konflikten und auch beim Verständnis und der Empathie für andere.

Ich habe das Glück, eine sehr liebevolle Familie zu haben. Doch auch wenn es alle immer gut mit mir gemeint haben, gewaltfrei war das nicht immer. Früher gruselte es mich immer vor Fragen oder Bemerkungen wie „Willst du wirklich kündigen ohne was Neues zu haben?“, „Meinst du nicht das waren jetzt genug Plätzchen?“ – „Mensch, du hast aber viel trainiert (zeig mal deinen Bizeps)“… heute begegnen mir (ich nehme jetzt mal Beispiele auch aus dem weiteren Bekanntenkreis inklusive Kindern) eher Aussagen wie „Ich bin ja froh, dass ihr nicht so anstrengende Vegetarier seid!“ – „Sag mal, warum trägt Sebastian Mädchensocken?!“ (Er trägt pinke Socken) – „Wie, du hast dich noch nicht mit ETFs beschäftigt? Ich dachte du als Frau, die auf Zack ist…“ …Folgendes ist mir zum Glück erspart geblieben aber viele dürften „Wie sieht es denn mit Enkelkinderchen aus?“/„Wollt ihr gar keine Kinder?!“ am Essenstisch gehört und sich verschluckt haben.

Erst heute sagte ein Mann zu mir „Wie du machst MMA? Bei Frauen finde ich das immer schwierig, was ist denn wenn jemand dir in dein schönes Gesicht schlägt?“….puh, wo fange ich da an…? Auch wenn man noch nicht mit gewaltfreier Kommunikation in Berührung gekommen ist, ist glaube ich ist nun auch klar: Es geht auch darum, alle Formen der BEWERTUNG, egal ob positiv oder negativ, zu hinterfragen. Ich gehe jetzt mal nicht in die Details, aber Lob oder Tadel, und viele bewertende oder einschätzende Adjektive beinhalten ja im Grunde, dass ich mein Weltbild (wie ein Lebenslauf, Familien, Beziehungen, oder Erziehung auszusehen haben) oder meinen Geschmack/Vorlieben/Einstellung (zu Körperformen, Kleidung, PartnerInnen-, FreundInnenwahl, Ernährungsform etc.) jemandem als Maßstab vorhalte und die Person daran messe. Ich finde es sehr einleuchtend, dass solche Bemerkungen und „Komplimente“ entsprechend verletzend sind.

Statt am Aussehen geknüpfte Komplimente bzw. Aussagen wie „hast du abgenommen!?“ – „Siehst toll aus“ – „Mensch, ich hätte dich viel jünger geschätzt!“ (hört bitte auf mit Ageism und dem verherrlichen eines bestimmten Alters, auch dazu könnte es einen gesonderten Artikel geben!)) nehme ich mir zum Beispiel vor, öfter diese Aussagen zu teilen:

  • Ich freue mich so dich zu sehen!
  • Bei dir geht es mir gut/Ich fühle mich so wohl bei euch
  • Du gibst mir das Gefühl verstanden zu werden/so sein zu dürfen wie ich bin
  • Ich wäre so gern mehr wie du! Du bist echt ein Vorbild für mich!
  • Ich habe dich vermisst
  • Mir gibt es so viel mit dir zu sprechen
  • Du bringst mich zum Nachdenken/Lachen/…
  • Du inspirierst mich
  • Du bist mir wichtig

Und hier zeigt sich auch ein Grundpfeiler der GfK – anstatt zu bewerten ist es gewaltfreier, ich-Botschaften zu senden (Achtung vor passiv-Formulierungen… wenn ich sage „ich bin verletzt“ oder „ich bin frustriert“ sage ich „du verletzt mich“ und „du frustrierst mich“). Natürlich erfordert es schon etwas Mut, seine Gefühle so offen zu kommunizieren. Ich kann mir tatsächlich oft nicht verkneifen, jemandes Aussehen zu kommentieren weil die Person einfach toll aussieht (nach meinem Maßstab und Empfinden) und ich mich darüber freue – daher versuche ich statt Aussagen, die Menschen in (meine) gelernte Normen pressen, meine eigenen Gefühle daran zu knüpfen, wie etwa:

  • OMG (das würde ich genau so sagen:D) ich liebe deinen Pulli (wo hast du den her?)
  • Deine Hose gefällt mir so gut!
  • Die Farbe passt finde ich so toll zu dir
  • Wow ich mag deine Frisur, kannst du mir zeigen wie das geht? (impliziert die Ich-Botschaft „ich wünschte ich könnte das auch“)

Und hier merke ich, dass ich das Thema hier nur streifen kann! Alle, die mehr zu GfK lernen wollen, können die Bücher von Marshall B. Rosenberg lesen, oder bei The Schlogger (auf Instagram) vorbeischauen, die viele Alltagsthemen in der Kommunikation mit Kindern (aber auch mit Erwachsenen) bildlich erklärt. Ich habe bei Tilman Krakau einen Online-Kurs gemacht und habe wahnsinnig viel für mich mitnehmen können!