Im Zuge meiner Tätigkeit habe ich immer wieder mit neuen Themen zu tun, was auf der einen Seite einfach mal unfassbar spannend ist und mir gleichzeitig die Hoffnung gibt, dass ich nicht so schnell an Alzheimer erkranken werde, weil sich mein Hirn ständig mit neuen Dingen beschäftigen muss. Vor einiger Zeit habe ich mal wieder etwas neues gelernt und möchte das mal hier mit Euch teilen. Es gibt in einigen wenigen Schulen neben Mathe, Physik und Englisch quasi das Fach Glück. Warum quasi?
Nun ja offiziell ist ja das deutsche Schulsystem, lasst es mich etwas laienhaft ausdrücken, dazu verpflichtet sich an die in den einzelnen Bundesländern festgelegten Curricula zu halten. Nun will ich gar nicht schimpfen und zetern wie übel das System als solches ist, denn das ist ja hinreichend bekannt. Und ich will auch nicht sagen, dass es in anderen Ländern besser ist, obwohl ich zwei coole Beispiele erwähnen möchte. In mehreren Medien habe ich Berichte gelesen, dass in Mexiko, das besonders am Anfang sehr schwer von der Pandemie betroffen war, der Schulunterricht auf Telelernen via Fernsehen umgestellt wurde. In den Pausen haben berühmte Sportler des Landes Bewegungseinheiten mit den Kids gemacht. Da war ich ziemlich baff, denn während hier noch 1,5 Jahre nach Ausbruch alle Lager darüber lamentierten, dass nicht genug mobile Devices zur Verfügung stehen würden, um alle Kinder via Internet zu unterrichten, taten die Mexikaner den umgekehrten Schritt und fragten zunächst welches Gerät denn nun in wirklich fast jedem Haushalt zur Verfügung steht und das wäre auch in Deutschland mit Sicherheit der Fernseher gewesen. Und dann noch ein kleiner Hinweis, wie schnell die Ukraine es geschafft hat, trotz Kriegssituation, die Schule inklusive aller Materialien zu digitalisieren. Ich habe etwas von 2-3 Wochen gelesen. Während eine Freundin von mir erzählte, dass sie die Unterrichtsmaterialien für ihre Kinder Mitte 2020 auf CD-Rom bekam und auf den Hinweis, dass keiner der Rechner im Haus mehr ein CD-Rom Laufwerk habe, gesagt bekam, dass das die Schulbuchverlage regeln müssen, das wäre nicht Aufgabe der Schule, die Materialien in einer zeitgemäßen Form zur Verfügung zu stellen. Mehr sage ich nicht dazu.
Warum erwähne ich das? Weil ich seit vielen Jahren fürs Kultusministerium arbeite und da wirklich tolle Menschen mit großartigen Ideen angesiedelt sind. Aber in 90% der Fälle kommen nachweislich gute Ideen, die auch erwiesenen Mehrwert haben und beispielsweise mehr Kindern zum Lernen motivieren bzw. Lernen für Alle vereinfachen und derlei mehr, nicht durch die bürokratischen Instanzen. Innerhalb von 2 Wochen einen Systemwechsel zu vollziehen erscheint durch die Starre der Strukturen absolut unmöglich. Und das gleiche gilt auch für die Glücksklassen. Auch wenn alle Pilotprojekte zeigen, wie wichtig Wohlbefinden ist und wie gut es den Kindern tut, auf ihre Stärken hingewiesen zu werden, wie sie so wieder Freude an der Schule entdecken und in ihrem Weg zum mündigen Erwachsenen unterstützt werden – es wird sicherlich noch Jahre dauern, bis Glück ein anerkanntes Schulfach ist.
Bis das soweit ist, wagen sich einige mutige Schulen, die ein wenig an das Dorf der unbeugsamen Gallier erinnern, vor und bieten Projektstunden Glück an. Eltern und Kinder sind begeistert und die Ergebnisse sind beeindruckend. In den Stunden lernen die Schülerinnen und Schüler unter anderem auch dankbar zu sein und zwar nicht für das neueste coole Handy oder Fahrrad, sondern für das Lächeln oder das Lob der Klassenmitglieder. Und das Wohlfühlen im Klassensystem hat auch Auswirkungen auf die anderen Fächern. Es gibt eine Verbesserung auf allen Ebenen. Darüberhinaus geht es darum ein Bewusstsein zu schaffen, was einem gut tut, was man selbst gut kann und was einem Freude macht und motiviert. Die Lehrkräfte, die sich in diesem Bereich weitergebildet haben, strahlen so viel Spaß an ihrer Arbeit aus, das ich fast wünschte ich wäre selbst nochmal Schülerin, obwohl ich eigentlich 99,9% meiner Zeit sehr sehr froh bin, dass das Kapitel für mich abgeschlossen ist.
Das glückliche Hirn lernt besser, war der Titel der Tagung und genau das haben die vorgestellten Projekte bewiesen.Ich würde mir wirklich wünschen, dass die Mühlen der Behörden in diesem Fall einfach mal mit Lichtgeschwindigkeit mahlen, damit allen jungen Menschen die Gelegenheit gegeben werden kann, Glück als Schulfach zu erleben. Während also viele Unternehmen das Buzzword Positive Psychologie gerade entdecken, bleiben die Kinder, wie so oft auf der Strecke.
Wenn du dich weiter informieren willst, kannst du unter anderem mal nach dem Braunschweiger Glücksforscher Tobias Rahm suchen, der eine Keynote bei der Veranstaltung hielt.
In diesem Sinne wünsche ich euch einen glücklichen Start in die neue Woche.
Das Beitragsbild ist ein Ausschnitt aus einem Foto von Katrina Wright.
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