Mir geht es ja ähnlich wie Luise, zumindest haben sich bei mir auch weitere Bücher reingemogelt, dafür bin ich beim letzten noch nicht ganz durch, ein anderes habe ich nur angefangen. Hier ein schneller Überblick über Gelerntes, Gelesenes und Erlebtes (kleine Triggerwarnung vorab – wer Gewalt und Tod heute ausklammern möchte lässt einfach die durch ***TW eingeklammerten Teile aus):

We fell in love in October von Inka Lindberg

Ich habe das Buch an einem Wochenende verschlungen! Es ist das erste von zwei Büchern, die unter anderem in Köln spielen, was total schön gepasst hat, da ich auch beruflich in Köln war. Es ist auch der einzige Roman, und wisst ihr was? Ich habe ganz nebenbei ganz viel gelernt. Eine queere Liebesgeschichte, umbedingte Leseempfehlung nicht nur für alle, die noch nicht wissen, was mit FLINTA gemeint ist! So schön, und so „relatable“! Und auch wieder so passend für mich, da wir im September unseren Selbstverteidigungskurs für FLINTA gestartet haben.

Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten von Alice Hasters

Das zweite Buch, was unter anderem in Köln spielt, denn Alice Hasters erzählt, wie sie als BIPOC mit Rassismus und Sexismus im Alltag aufwuchs. Sie nimmt die Lesenden mit auf ihr ihre eigene Entwicklung und ihr kulturelles Selbstverständnis und führt jedem einzelnen und uns als Gesellschaft vor, wie präsent Rassismus in Deutschland ist und wieviel einfach noch zu tun ist. So wichtig, für alle. Ich habe das Buch auf Sylt gelesen und viele gute Gespräche mit meinem 97-jährigen Opa geführt.

„Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!“ von Alexandra Zykunov

Apropos wieviel noch zu tun ist… seufz. Dieses Buch ist wütend, zurecht, auf den Punkt, und war für mich immer nur Häppchenweise zu schaffen. 25 Bullshitsätze, die Frauen und Carearbeitende Eltern zu hören bekommen (von Männern UND Frauen!)… die mir, die sich schon länger und viel mit Feminismus beschäftigt, nochmal völlig die Augen öffnete, wie weit wir noch von Gleichberechtigung entfernt sind. Mit dem Buch ist Frau gewappnet für den nächsten sexistischen Spruch, hat aber auch noch einige Argumente für die Freundin, Kollegin und Familie, um unbewusste patriarchische Strukturen (ich sollte sagen Missstände!) aufzudecken.

 

*** TW ab hier: Gewalt

Facing Violence – Preparing for the Unexpected von Rory Miller (Englisch)

Natürlich ist das Buch für Krav Maga InstructorInnen Pflicht. Aber auch für alle anderen Menschen ist das Buch sehr empfehlenswert, denn alle Krisen lassen sich besser überstehen, wenn mensch vorbereitet ist. Wenn mensch sich VOR einer potentiellen Gewaltsituation über die physischen, rechtlichen und ja, auch ganz persönlich ethischen Konsequenzen bewusst ist, über Macht- und Gewaltdynamiken einzelner sowie von Gruppen, über die Schockstarre, über den Inner Alarm (=die Intuition). Wie bei allen Krisen gilt auch hier: Prävention ist das allerbeste Mittel, und dieses Buch befähigt den Lesenden, Gewalt (aus sicherer Entfernung) zu verstehen, aufmerksamer zu sein und Vorzeichen zu erkennen, um sie im besten Falle zu vermeiden. Im besten Falle. Im schlechtesten hilft leider nur eins: Kämpfen, und nicht aufgeben.

TW ab hier: Tod

99 Fragen an den Tod – Leitfaden für ein gutes Lebensende von Prof. Dr. Claudia Bausewein und Rainer Simalder

Seht mir bitte nach, dass ich von Gewalt zum Thema Tod überleite. Dieses Buch handelt NICHT vom plötzlichen, überraschenden Lebensende, sondern richtet sich an alle Menschen, die wissen, dass sie aufgrund einer Krankheit sterben werden, und an deren befreundete und angehörende Menschen.

Das Buch ist in folgende Kapitel gegliedert:

  • Aus dem Blickwinkel des Sterbenden: Der Umgang mit der endgültigen Nachricht
  • Aus dem Blickwinkel des Angehörigen: Der Umgang mit dem Wissen um den nahen Tod
  • Grundsätzliches zur guten Begleitung am Lebensende
  • Die Krankheit schreitet voran, und das Sterben wird sichtbarer – was hilfreich ist

Ich finde das Buch absolut großartig. Es ist ehrlich, enttabuisierend, emphatisch, aufklärend, menschlich, medizinisch und verständlich geschrieben und ich kann auch dieses Buch nur empfehlen, zumindest, es in Griffweite ins Regal zu stellen. „Du bist bis zu dem letzten Augenblick deines Lebens wichtig, und wir werden alles tun, damit du nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt leben kannst“ Cicely Saunders, Begründerin der modernen Hospiz- und Palliativbewegung.

*** TW bis hier. Ab hier geht es munterer weiter.

 

Factfullness von Hans Rosling (Englisch)

Ich habe diese Leseliste mit Liebe gestartet und ich ende mit Hoffnung. Dieses letzte Buch habe ich noch nicht ganz gelesen, aber ich kann es schon jetzt empfehlen. Wir sehen die Welt weit schwärzer, als sie ist. Glaubt mir (oder besser: Hans Rosling), die Welt wird besser. Es fühlt sich falsch an, das zu sagen oder zu glauben, denn es fühlt sich an, als würden wir die aktuellen Krisen (allen voran Krieg und Klima) dadurch trivialisieren. Hans Rosling startet mit 13 Multiple Choice fragen und zeigt, dass die allermeisten Menschen sie noch schlechter beantworten, als eine Horde Schimpansen (nichts gegen Schimpansen, aber diese beantworten die Fragen rein hypothetisch nach dem Zufallsprinzip, und damit RICHTIGER als die meisten Menschen, und es wird schlimmer, je gebildeter diese sind!). Die meisten Menschen (inklusive JournalistInnen) sehen die Welt schwarz und weiß, um nicht zu sagen – arm und reich! Hans Rosling erklärt, welche absolut menschlichen Eigenschaften und der Hang, die komplexe Wirklichkeit zu vereinfachen, zu absoluten Fehleinschätzungen führen und gibt konkrete Kniffe für zielführendes, kritisches Denken. Warum? Nicht, damit wir uns zurücklehnen und uns freuen können, das alles gut ist. Nein, damit wir uns nicht mehr Sorgen um die falschen Dinge machen, sondern uns mit aufgeklärtem Blick den Dingen zuwenden können, die wirklich einen Unterschied machen (wie gesagt, ich habe das Buch noch nicht zu Ende gelesen, aber mache mir jetzt schon weniger Sorgen und fühle dass ich die so freiwerdende Energie so besser für die „richtigen“ Dinge einsetzen kann).