Hin und wieder erlebt man in den Medien Menschen, bei denen man den Eindruck hat, sie treten mit einem unangemessen hohen Selbstbewusstsein und mit einem dicken, didaktischen Zeigefinger auf. Wie kommt es, dass diesen Menschen gefühlt immer öfter eine Bühne geboten wird, obwohl doch gerade die Demut eine Tugend ist?

Wenn man Demut nachschlägt, dann wird das zunächst in einem religiösen Kontext gesehen:

Der Demütige erkennt und akzeptiert aus freien Stücken, dass es etwas für ihn Unerreichbares, Höheres gibt.

Das klingt sehr spirituell, aber das lässt sich auch auf profane Zusammenhänge übertragen. Wenn man statt des Glaubens die Kategorie des Wissens heranzieht: Dass man sowohl weiß, was man weiß, aber auch, was man nicht weiß oder zumindest eine Ahnung hat, dass es so etwas wie blinde Flecken geben kann.

Demut in diesem Sinne setzt also Erkenntnis und Wissen voraus. Das hat Parallelen zum Dunning-Kruger-Effekt, wo auch eine gewisse Kenntnis notwendig ist, um sich selbst und sein Wissen verordnen zu können.

Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.

– Helmut Schmidt

Das Gegenteil von Demut ist die Hochmut, die, so kommt es einem vor, ziemlich häufig eine Bühne bekommt. Dabei ist diese eigentlich ziemlich unbeliebt. Das wird schnell klar, wenn man sich vor Augen führt, was für Begriffe es für jene Menschen gibt, die sich trotz größter Ahnungslosigkeit selbstbewusst und kompetent geben: Besserwisser, Smart Ass, Klugscheißer und viele mehr. Der Begriff "Besserwisser" hat es sogar in den angelsächsischen Sprachgebrauch geschafft.

Wieso bekommen Besserwisser eine Bühne? Zum einen muss man überhaupt erkennen können, dass eine Kompetenz vorgetäuscht oder durch rhetorische Tricks "aufgefüllt" wird. Zum anderen lässt man sich auch schnell täuschen durch die Verwechslung von Ursache und Wirkung: Die Annahme, dass es sich um einen Experten handeln müsse, denn sonst würde ihm kein Mikrofon hingehalten werden. Durch die Medien wird diesem Effekt auch dadurch Vorschub geleistet, indem geradezu inflationär gerne die Auszeichnung "Experte" verliehen wird. Und es ist auch menschlich, dass man sich von der Art und Weise des Vortrags beeinflussen lässt, was sich zum Beispiel die Rhetorik gern zu Nutze macht. Eine ruhige, feste Stimme, die nicht zu hell klingt macht da schon die halbe Miete.

Der Besserwisser passt einfach auch gut in den Zeitgeist: Inhalte sind weniger wichtig als das Äußere. Ins Digitale übersetzt: Die Aufmerksamkeit und die damit generierten Klicks sind die Währung, die bei bestimmten Vertretern hoch im Kurs steht.

Ich hoffe, ich klinge jetzt nicht selbst wie ein Besserwisser wenn ich sage, ein guter Schutz gegen Blender sind eine gute Bildung gepaart mit guter Information und Medienkompetenz. Das kann dann auch helfen, demütig auf dem Teppich zu bleiben – wenn man sich bewusst ist, dass Lernen im günstigen Fall ein lebenslanger Prozess ist.

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

– Immanuel Kant


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