Kennst du das Phänomen, wenn man sich mit einem Thema beschäftigt und auf einmal tauchen auf allen Kanälen und an jeder Ecke Puzzlesteine auf, die passen? Das hat sicher einen schlauen wissenschaftlichen Namen und hängt auch mit meinem Aufmerksamkeits-Fokus zusammen, aber bemerkenswert bleibt es allemal. Das Buch der Woche, das schon von Anfang an auf meiner Liste steht, ist in den vergangenen Wochen ziemlich spontan um zwei weitere Bücher erweitert worden, die irgendwie in ihrem Aufbau auch aus einer Feder als Abfolge hätten geschrieben werden können oder wie auch immer der Konjunktiv im Futur, ach egal das ist ja Gott sei dank kein Grammatikblog hier. Du weißt, was ich sagen will: die passen einfach gut zusammen.

Die Bücher im Einzelnen:

1. Buch und in der Chronologie auch zuerst zu lesen (meine Empfehlung)

Konrad Paul Liessmann Die Theorie der Unbildung

Zum ersten Mal bin ich durch den vom Radiosender SR2 gestarteten Podcast „Fragen an den Autor“ auf Liessmann aufmerksam geworden. Der war dort 2014 zu Gast mit seinem Buch „Der Geist der Unbildung – eine Streitschrift.“ Für mich ist das gesprochene Wort immer ein wichtiger Teil für das Interesse an der schreibenden Zunft. Klingt der Mensch sympathisch, nicht abgehoben, diskutiert er ohne rechthaberisch oder egozentrisch zu sein… Und leider kann ich mich nie davon frei machen: Hat er oder sie eine angenehme Stimme – auch das hat eine gewisse Wichtigkeit.

Liessmann hat einiges an Büchern geschrieben, von denen ich zwei gelesen habe. Nicht bei allem gehe ich bedingungslos mit, aber bei vielem. Zu der Zeit als ich den Podcast gehört habe (ca.2016) habe ich viel mit Menschen aus dem Kultusministerium über neue Wege im Schulsystem nachgedacht, die aber alle aufgrund des Systems nicht realisiert werden konnten. Eine spannende Lektüre, aber auch immer ein stückweit frustrierend, weil das Thema Wandel in der Schule zäh wie Baumharz ist. Ich werde das andere Buch „Die Theorie der Unbildung“ und das, was in diese „Triologie“ passt aber hier im Blog nochmal einzeln vorstellen.

2. Buch DAS Buch, das mich in den letzten Wochen am meisten begeistert hat.

Wolf Lotter – Zusammenhänge. Wie wir lernen, die Welt wieder zu verstehen – kann man als zweites Lesen oder zu guter Letzt oder einfach nur das.

Sowohl Autor als auch seine Werke sind mir erst vor kurzem empfohlen worden. Bis dato habe ich zwar die Brandeins häufiger gelesen, habe mich aber nie mit den Köpfen dahinter beschäftigt. Wolf Lotter schreibt gut und wenn ich beim Lesen immer wieder zum Stift greife, um mir Notizen zu machen oder einen Rechercheauftrag an mich selbst fest zu halten, ist das für mich ein besonderes Buch.

Wolf Lotter hatte mich aber sofort auf seine Seite gezogen als er auf der ersten Seite schreibt:

Es wird viel geredet, aber meist wenig gesagt. Oder klug verfasst und nicht verstanden.

Zack! Ab da an kommen zu den Notizen noch kleine Zwiegespräche mit dem Buch und auch wenn er im weiteren Verlauf von Kontext und Zusammenhängen spricht, schafft er es immer wieder klar und scharf auf den Punkt zu bringen, was auch ich als eine Misere der Gegenwart sehe.

Darüber hinaus und das ist ein zusätzlicher Mehrwert des Buches, gibt es viele Cross-Verlinkungen zu anderen Menschen und Büchern. Wenn er zum Beispiel auf Neil MacGregors Buch „A history of the world in 100 objects“ verweist, geht bei mir die Brücke zu Aby Warburg und seinem Mnemosyne Projekt auf und eine andere Vernetzung findet statt. Ich liebe solche Anregungen und das aktive Gefühl, dass sich Verbindungen in meinem Kopf aufbauen, die mir helfen die Welt besser zu verstehen. „Zusammenhänge“ ist voll von diesen Querverweisen- ich liebe es.

Was noch dazu kommt: für mich ist „Zusammenhänge“ eines der Bücher, die ich auf mehreren Ebenen lesen kann. Ich kann einerseits an der Oberfläche treibend das große Ganze sehen. Dann habe ich ein Big picture von Lotters Gedankengang. Er unterteilt das Buch zu diesem Zweck in fünf Kapitel

1. Die Kontextkompetenz – Was uns mit der Welt verbindet

2. Das Gewebe der Welt – Die Kultur der Zusammenhänge

3. Der technologische Kontext – Warum man die Büchse der Pandora öffnen muss

4. Der ökonomische Kontext – Vom Haustyrannen zur Selbstbestimmung

5. Der organisatorische Kontext – Von der Kunst, die richtigen Dinge zu tun.

Oder du suchst dir – wie bei einem szenischen Spiel, die einzelnen Akteure (Kontext, Geschichte, Demokratie, Technologischer Fortschritt, Sozial Design, usw.) und versuchst tiefer einzutauchen. Das Buch bietet viele Bojen, die die Orte markieren an denen das mühelos gelingt.

Das klingt alles in allem nach schwererer Kost, als es ist. Lotters Schreibe ist eingängig und flüssig, pointiert und verständlich. Und es macht einfach Spaß dieses Buch zu lesen.

Und noch ein Wort zum Verlag: früher war es mir wurscht in welchem Verlag ein Buch erschienen ist, es ging um die Urheber und den Inhalt punkt. Inzwischen bin ich da sensibler und stelle fest, dass ähnlich wie bei Musiklabeln der Blick ins Programm absolut empfehlenswert sein kann, denn neben den Verlagen, die einfach alles verlegen, gibt es auch die kleinen feinen Leuchttürme, die sich einem gewissen Qualitätsanspruch verschreiben, die eine Idee und eine Aufgabe haben. So die Edition Körber. Auf der Verlagswebseite steht: Mit seinen Publikationen beteiligt sich der 1996 gegründete Verlag aktiv an Debatten über die Zukunft unserer Gesellschaft. Die Edition Körber greift Themen der Zeit auf, spürt persönlichen Geschichten nach und gibt Impulse, sich für die Gesellschaft zu engagieren: in Sachbüchern zu Politik und Gesellschaft, Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Ein Blick ins Programm lohnt sich meiner Meinung nach.

So nun noch geschwind das 3. Buch: Das Buch, was ich anschließend empfehle zu lesen ist von Henning Beck „Das neue Lernen heißt verstehen“. Da geht es dann noch mal mehr um neuronale Zusammenhänge aber auch hier: absolut verständlich und wunderbar zu lesen. Auch das werde ich an anderer Stelle in den Fokus meiner Buchbeschreibung nehmen. Denn auch dieses Buch habe ich verschlungen.