Lebenslanges Lernen. Das ist die Verheißung als Lösung der VUCA-Welt. Lebenslang klingt allerdings auch wie eine Strafe. Lebenslang akzeptieren, dass du nicht alles weißt. Dass du nicht alles wissen kannst, weil die Welt immer komplexer wird und auf immer neue Wege Informationen bereitstellt.

Ich merke, dass mich ständig andauernde Prozesse überfordern. Es ist anstrengen immer in Bewegung zu sein. Manchmal wäre es schön ein Ziel zu erreichen und fertig zu sein. Schul-, Ausbildungs- oder Universitätsabschlüsse, das sind so Ziele auf die mensch hin eifern kann. Das Ziel ist klar: nacheinander die Schul- oder Ausbildungsjahre, die Semester, dass Erwerben einer Qualifikation. Dann ist es geschafft…

Dann ist ein (Bildungs-)Ziel erreicht und kurz ist das Gefühl da, etwas abgeschlossen zu haben. Kurzer Stillstand, Luft holen. Durchatmen. In der Schulzeit waren es immer die Ferien.

Besonders in Deutschland, dem Land der Zertifikate und Abschlüsse, der kopierten Teilnahmebescheinigung hinter jedem Lebenslauf, geht es um das Erreichen von etwas. Der Erhalt eines Zertifikat bedeutet meist den Abschluss eines Prozesses. Und schiebt sich damit in der Bedeutung vor die Phase an sich. Stellt die anderen Erkenntnisse in den Schatten. Und vermittelt im Bildungskontext somit die Endlichkeit des Lernens. So entsteht eine Illusion. Es muss nur das nächste Zertifikat, die nächste Bescheinigung erreicht werden, dann ist die Phase abgeschlossen. Wir hangeln uns von einem zum Nächsten und kommen an kein Ende. Denn so funktioniert Lernen nicht. Lernen tun wir lebenslang. Oft unbewusst.

Das Konzept des Lebenslangen Lernens passt in unsere Leistungsgesellschaft. Wir müssen uns immer weiter entwickeln: persönlich, gesellschaftlich und beruflich. Weiterbildung, das ist eine Investition in uns selbst. So wird es immer wieder verkauft. Wir persönlich sind verantwortlich und unserer Bildung Schmied_in. Der Adult Education Survey (AES) von 2012 zeigt: die Teilnahme an beruflichen Weiterbildungen steigt. Ein Trend der sich in den letzten Jahren in allen Bereichen der Weiterbildung fortsetzt.

Neues Wissen wird u.a. durch wissenschaftliche Erkenntnisse schneller generiert. Neue Technologien erfordern eine neue Lebensweise (wer kann sich noch ein Leben ohne Smartphone vorstellen?). Die Welt wird komplexer und wir, als Individuen und Gesellschaft, müssen einen Umgang damit finden. Hilft dabei ein Bildungsabschluss?

Das bescheinigte Wissen veraltet (so ist es im Leben, alles wird älter, ja auch wir – sorry). Was bringt die Teilnahmebescheinigung von vor drei Jahren? Was sagt sie darüber aus, was ich mitgenommen oder gelernt habe? Was sagt diese Zwischenstandsbescheinigung darüber aus, ob ich bereit bin mich offen und neugierig in eine sich ständig wandelnde Welt zu stürzen. Und mich, lebenslang, der Erkenntnis stelle, dass ich nicht alles weiß und es vieles zu lernen gibt!?

Vielleicht sollten wir lieber lebenslang neugierig sein.